Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für die Krankheit opfern.
Sebastian Kneipp
Prolog: Fühlst du dich wirklich gut?
Wir alle kennen wahrscheinlich das Gefühl, an manchen Tagen schlecht aus dem Bett zu kommen. Vielleicht weil wir schlecht geschlafen haben oder weil die letzten Tage sehr anstrengend waren.
Verspürst du manchmal auch das Gefühl, keine Lust auf Bewegung, zu haben? Der Gang zur Couch, Netflix anschalten und dabei etwas Ungesundes essen – danach wird es schon besser gehen.
Es gibt sie, diese Tage, an denen wir uns einfach nicht richtig gut fühlen, ohne dass eine Krankheit vorherrscht. Solange es einzelne Tage betrifft, ist das auch völlig in Ordnung. Dauert dieser Zustand allerdings länger an und du gewöhnst dich daran, wird es Zeit sich damit auseinanderzusetzen.
Was bedeutet mentale Gesundheit?
Auf den Unterschied zwischen Krankheit und Gesundheit bin ich bereits in einem der ersten Artikel eingegangen. Dort habe ich die Definition von Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits näher betrachtet. Für dich zur Wiederholung, beschreibt die WHO Gesundheit als “einen Zustand vollständigen körperlichen, seelischen, und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen”.
Hierauf setzt der Begriff der mentalen Gesundheit auf. Sie beschreibt das individuelle kognitive Wohlbefinden, welches die mentale Stärke sicherstellt, um die eigenen Fähigkeiten auszuschöpfen, die normalen Lebensbelastungen des Alltages zu bewältigen, mit Rückschlägen umzugehen, Potenziale auszuschöpfen und produktiv arbeiten zu können. Die mentale Gesundheit wird durch alle emotionalen und psychologischen Vorgänge beeinflusst, die unsere Lebensqualität und Leistungsfähigkeit beeinflussen.
Bei einem Auto können wir jederzeit Parameter wie den Tankfüllstand, Ölstand, Reifendruck usw. ablesen. Wir wissen auch, dass das Auto alle 2 Jahre zum TÜV muss und nach einer bestimmten Anzahl von Kilometern zur Inspektion muss.
Jetzt ist es bei uns Menschen so, dass wir keine digitale Anzeige besitzen, auf denen gewisse Gesundheits-Parameter farblich dargestellt werden oder uns auf Unstimmigkeiten hinweisen. Es gibt auch keine Parameter, die auf mentaler Gesundheit hinweisen. Wir können lediglich die Summe unserer Empfindungen und Leistungsfähigkeit heranziehen, um unsere eigene mentale Gesundheit einzuschätzen.
Warum ist die mentale Gesundheit so wichtig?
Der rasche gesellschaftliche Wandel der letzten Jahre wurde durch die Pandemie noch weiter beschleunigt. Er verlangt uns eine hohe Anpassungsfähigkeit an sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen ab. Auch Faktoren wie die Digitalisierung, Fachkräftemangel, Globalisierung sowie der Ruf nach Flexibilität sind Beschleuniger, die unsere Arbeitsbedingungen erheblich verändern.
Für die Bewältigung dieser Veränderungsprozesse ist eine hohe psychische Leistungsfähigkeit notwendig, da es sonst zur Beeinträchtigung der Lebensqualität kommt. Es entwickelt sich zunehmend dahin, dass die psychische Gesundheit als Querschnittsthema in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens betrachtet wird.
Was bringt dir eine hohe mentale Gesundheit?
Durch eine hohe mentale Gesundheit können wir unsere Disziplin verbessern, sind motiviert und zielstrebig, haben ein hohes Maß an Selbstvertrauen und Konzentrationsfähigkeit, sind optimistisch und können unsere maximale Leistungsfähigkeit auf dem Punkt abrufen, um unsere Grenzen zu überschreiten. Die mentale Gesundheit ist demnach die Grundvoraussetzung für unsere subjektive Lebensqualität, dem individuellen Wohlbefinden, der nachhaltigen Leistungsfähigkeit, sowie unserer Entwicklungspotenziale.
Die kognitive Leistungsfähigkeit setzt sich aus verschiedenen Aspekten zusammen. Sie umfasst sowohl Prozesse der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung und der Lernfähigkeit. Ebenso zählen wir sprachliche und strategische Fähigkeiten dazu und unsere Reaktionsgeschwindigkeit.
Im Umkehrschluss schützen wir uns dadurch vor vielen negativen Auswirkungen. Wir fühlen uns zu Beginn dieses Teufelskreises vielleicht traurig, deprimiert, entmutigt, haben schlechte Laune oder fühlen uns antriebslos. Dadurch stellt sich eine geringere Arbeitsfähigkeit ein und unsere Gedächtnisleistung wird schlechter. Wir vernachlässigen unser soziales Umfeld, es entstehen Konflikte und wir spüren zunehmend eine größere Unfähigkeit diese Belastungen zu stoppen oder gar abzubauen, was schließlich in psychischen Störungen (nicht übertragbare Krankheiten) münden kann. Dazu zählen beispielsweise Depressionen, Essstörungen, Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Suchterkrankungen bis hin zur Demenz.
Statistiken zur mentalen Gesundheit
Falls dir diese Gründe noch nicht ausreichen, möchte ich dies mit ein paar Statistiken untermauern.
Menschen mit psychischen Störungen sterben 20 Jahre früher als die allgemeine Bevölkerung. Vorläufer dieser Sterblichkeit sind Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes oder Krebs, meist verursacht durch Faktoren wie sitzenden Verhaltensweisen, schlechter physischer Gesundheit und Alkoholkonsum.
In Deutschland haben die Krankheitstage seit 2010 um rund 60 % zugenommen. Dabei sind die psychisch bedingten Fehlzeiten allein während der Pandemie von 16 auf 20 % angestiegen. Bei Frauen im Alter zwischen 50 und 65 wurde hingegen eine Halbierung verzeichnet, wobei sich bei Frauen im Alter zwischen 18 und 39 die Häufigkeit fast verdoppelt hat.
Jeder 7. Erwachsene erfüllt mindestens 1x in seinem Leben die diagnostischen Kriterien für eine Depression, wobei sich die Störungen und Symptome von Art, Schwere und Verlauf noch einmal unterscheiden. In 2016 waren die häufigsten psychischen Störungen in Europa Depressionen (44,3 Mio.) und Angstzustände (37,3 Mio.).
Auch die Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben seit 2000er Jahre erheblich zugenommen, wobei Depressionsdiagnosen den markantesten Anstieg verzeichnen.
Erwachsene zwischen 40 und 59 mit niedrigem Einkommen und hoher Stressbelastung stellen die größte Risikogruppe für kognitive Leistungseinbußen, Gedächtnisverschlechterung oder chronische körperliche Erkrankungen (z. B. Diabetes) dar.
Was beeinflusst die mentale Gesundheit?
Auch wenn individuelle Merkmale, wie genetische und biologische Eigenschaften, die mentale Gesundheit beeinflussen, ist es kein Zustand, der ausschließlich auf persönlicher Veranlagungen beruht, sondern vor allem von individuellen, sozioökonomischen, kulturellen und ökologischen Einflüssen.
Weitere individuelle Merkmale setzen sich aus körperlichen Faktoren zusammen. Dazu zählen Bewegung / Sport, gesunde Ernährung, Schlaf, Wahrnehmung von Erkrankungen und vor allem die emotionale Intelligenz. Wer Dinge unternimmt, die einem Freude bereiten, seine Ziele verfolgt, den Sinn im Leben erkennt, Anerkennung findet oder vor allem chronischen Stress vermeidet, steigert seine mentale Gesundheit ebenfalls.
Hinzu kommen soziale Faktoren, wie die Vermeidung von Einsamkeit, Pflege von Kontakten zur Familie und Freunden oder die Teilhabe in Vereinen oder religiösen / kulturellen Gemeinschaften. Damit einher gehen ebenso die eigene Glaubenshaltung oder Praktiken der Sozial- und Wirtschaftspolitik.
Ökonomische Faktoren haben ebenfalls Einfluss, wie der Status der Haushalts-/ Lebens- / Bildungs- / Arbeitsbedingungen, Möglichkeiten zur Lebensgestaltung oder Bildungschancen.
Was ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität?
Ein ähnlicher Begriff, der im Kontext der mentalen Gesundheit oftmals fällt, ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Sie wird aus der Gesundheits-Definition der WHO abgeleitet.
Die Lebensqualität beschreibt die subjektive Wahrnehmung einer Person über die eigene persönliche Stellung im Leben in Relation zur Kultur und den Wertsystemen in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen. Es ist ein umfassendes Konzept, das in komplexer Weise durch die körperliche Gesundheit einer Person, den psychischen Zustand, das Unabhängigkeitsniveau, den sozialen Beziehungen, persönlichen Überzeugungen und ihrer Stellung zu den hervorstechenden Merkmalen ihrer Umgebung beeinflusst wird.
Letztendlich ist die Lebensqualität ein multidimensionales Konstrukt aus subjektiver Wahrnehmung bzgl. körperlicher und psychischer Gesundheit, in welchem Wohlbefinden, Zufriedenheit und Gesundheit nur Teilbereiche darstellen. Der Fokus wird auf die Wahrnehmung von Gesundheit und Wohlbefinden, in Wechselwirkung einer Person zu ihrem sozialen Umfeld und dem kulturellen Wertesystem, gelegt.
Gesundheit kann die Folge von Lebensqualität sein, dennoch ist Lebensqualität nicht allein auf Gesundheit zu beziehen.
Das Vulnerabilitäts-Stress-Model
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell gibt Aufschluss über die Verletzlichkeit eines Menschen und damit die Anfälligkeit an einer psychischen Krankheit zu erkranken. Die Vulnerabilität beschreibt dabei die Verwundbarkeit gegenüber äußeren Einflüssen und die damit einhergehende Bereitschaft zur Erkrankung an einer psychischen Störung.
Ich möchte gar nicht so tief in die Psychologie abtauchen. Für mich fasst das Modell allerdings die Bindung zwischen dem Menschen, seiner Umwelt und die Reaktion auf Stressereignisse gut zusammen.
Die sogenannten Vulnerabilitäten bestehen auf der einen Seite aus den genetischen (Größe, Alter, Geschlecht, etc.) oder biografisch erworbenen Merkmalen (Persönlichkeit, Glaubenssätze, kognitive Fähigkeiten, Temperament, Fähigkeit zur Selbstregulation, etc.), sowie Merkmalen, welche durch die soziale Umwelt erlernt sind (Bildung, soziale Schicht, Familie, Netzwerk, etc.). Wir sprechen an dieser Stelle von der Ausprägung der Risikofaktoren.
Tritt nun eine Belastung oder Stressereignis (kritisches Lebensereignis, Stressor) auf, kommen unsere Schutzfaktoren zum Einsatz, um die “Gefahr” abzuwenden. Hierzu zählen psychologische Faktoren (Resilienz, Coping, soz. Unterstützung, etc.) ebenso, wie entwicklungsbezogene Faktoren (Bindung, Impulskontrolle, etc.).
Reichen die Bewältigungsstrategien nicht aus, kann daraus eine psychische Störung entstehen, welche akute Folgen und schließlich auch Langzeitfolgen nach sich ziehen kann.
Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis darauf, dass Belastungen selten völlig autark zu betrachten sind. Bei der Entwicklung einer psychischen Störung treten sie häufig in Wechselwirkung mit anderen Risiko erhöhenden Faktoren (Stress, Krise) auf und treffen auf fehlende Schutzfaktoren, welche entweder nicht erlernt oder aktuell nicht abrufbar sind.
Die Risiko- und Schutzfaktoren schauen wir uns nun genauer an.
Kleiner Hinweis zwischendurch: Wenn du noch mehr über Stress und seine Auswirkungen erfahren möchtest, dann schau gerne in meine umfassende Artikelserie rundum das Thema Stress! Die Beiträge findest du am Ende dieser Seite oder hier entlang.
Was genau sind relevante Risiko- und Schutzfaktoren?
Sowohl die Risiko- als auch die Schutzfaktoren können die mentale Gesundheit positiv oder auch negativ beeinflussen. Da Faktoren wie die körperliche Gesundheit, Bildung, Erwerbsstatus, Stresserleben und soziale Unterstützung in der Bevölkerung unterschiedlich verteilt sind, beeinflussen sie auch unser Wohlbefinden.
Risikofaktoren: Verschlechterung der mentalen Gesundheit
Mit Risikofaktoren werden Merkmale zusammengefasst, welche die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Störung erhöhen. Wie bereits erwähnt, setzen diese sich aus individuellen Merkmalen und der Interaktion mit der sozialen Umwelt zusammen. Das können genetische Merkmale sein, (ungewollt) antrainierte Persönlichkeitsmerkmale, Erfahrungen oder auch Faktoren bezogen auf die sozialen Verhältnisse.
Dabei gibt es Faktoren, die erst im Laufe eines Lebens relevant werden. Der Umgang mit dem Tod, Arbeitsplatzbedingungen beim Eintritt ins Erwerbsleben, Partnerschaften, dem Austritt aus dem Erwerbsleben oder die körperlichen Veränderungen im Alter.
Wenn wir vielleicht in der Kindheit negative Erfahrungen gemacht haben, können diese Risikofaktoren auch erst im Erwachsenenalter zu psychischen Störungen führen. Entweder kumulieren sie sich mit der Zeit, werden durch ein spezielles Ereignis ausgelöst oder entwickeln sich langsam, bis sich eine körperliche Veränderung zeigt, negative Verhaltensmuster entstehen oder das eigene Selbstkonzept aus den Fugen gerät.
Schutzfaktoren: Reduktion der Risiken
Sobald ein Stressereignis auf bestehende Risikofaktoren trifft, kommt es auf die Schutzfaktoren an, um die Auswirkung des Ereignisses so weit zu mindern, dass keine psychische Störung entsteht.
Grundvoraussetzung für die Stärkung individueller Ressourcen sind ein positives Selbstbild und eine hohe Selbstwirksamkeit, also das Gefühl zu haben, selbst etwas tun zu können. Es geht insgesamt um die Erschaffung günstiger Rahmenbedingungen und positiver individueller Eigenschaften.
Einen besonderen Stellenwert hat das Konstrukt der Resilienz, welche die Fähigkeit zur Anwendung von Bewältigungsstrategien beschreibt, wenn Stressoren auf Risikofaktoren stoßen. Resilienz beschreibt die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressoren, nicht die Vermeidung.
Die gesamten Schutzfaktoren werden in drei Kategorien eingeteilt.
individuelle Eigenschaften
Auch wenn die Biogenetik nur schwer veränderbar ist, können das Alter oder Geschlecht als Schutzmechanismus wirken. Allerdings kann die körperliche Gesundheit durch Sport oder gesunder Ernährung stark beeinflusst werden und als Schutz vor vielen Krankheiten und chronischem Stress fungieren. Allein die körperliche Gesundheit ist ein Schutz vor vielen Krankheiten, wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebserkrankungen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, Adipositas, Asthma, Arthrose, Osteoporose oder chron. Rückenschmerzen.
Darüber hinaus entstehen all diese Schutzfaktoren aus den emotionalen sowie sozialen Kompetenzen und Verhaltensweisen. Durch einen angemessenen Umgang mit den eigenen Gefühlen und Gedanken kann ein Stressereignis ebenso besser bewältigt werden, wie durch einen guten Umgang mit sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen.
Das Setzen und Verfolgen realistischer Ziele kann auch ein Aspekt sein, Rückschläge besser verarbeiten zu können.
Zur Vermeidung von chronischem Stress ist es wichtig, sich weniger Sorgen zu machen, soziale und arbeitsbezogene Überlastungen auf Grund zu vieler Verpflichtungen oder Überforderungen zu reduzieren. Auch der Mangel an sozialer Anerkennung kann zu chronischem Stress führen.
sozio-ökonomische Bedingungen
Hier werden die Möglichkeiten zusammengefasst, um die eigenen Potentiale für die psychische Gesundheit ausschöpfen zu können.
Diese Potentiale können in der Bildung, dem Einkommen oder Erwerbsstatus liegen. Auch die Sicherheit, bei Schwierigkeiten durch die Familie und Freunde Unterstützung zu erhalten, kann einen Schutz darstellen.
Ebenso ist an dieser Stelle der sozio-ökonomische Status als Faktor zu nennen. Eine Kennzahl, die sich aus der Bildung, der beruflichen Rolle und dem Einkommen zusammensetzt. Hierzu zählen die Schulbildung, erlangte Qualifikationen und Bildungsabschlüsse, und die Höhe des Haushaltseinkommens. Die berufliche Stellung umfasst die Erwerbssituation, Arbeitsumfang, Arbeitslosigkeitserfahrung.
gesellschaftlich-ökonomische Faktoren
Diese Faktoren beschreiben die gesellschaftlichen Gegebenheiten, in welchen wir uns befinden. Wir können diese nur schwer beeinflussen, sie haben jedoch ebenfalls einen großen Einfluss auf unsere Bewältigungsstrategien gegenüber Risikofaktoren.
Zu nennen sind gesellschaftliche Normen, wie sämtliche Diskriminierungen oder die Geschlechterrollen. Hinzu kommen die allgemeinen Lebensbedingungen, wie die Wirtschaftspolitik, der Arbeitsmarkt, die Gesundheitsversorgung, Einfluss der Religion und sonstige politische Einflüsse.
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Wie kannst du präventiv vorgehen, um deine mentale Gesundheit zu fördern?
Nachdem du gesehen hast, wie viele Faktoren sowohl das Risiko zu erkranken, als auch deren Bewältigungsstrategien beeinflussen können, möchtest du jetzt selbstverständlich wissen, wie du aktiv etwas dafür tun kannst. Darum möchte ich mich nicht zweimal bitten lassen. Doch vorher möchte ich noch kurz einige Begrifflichkeiten klären.
Wenn der Begriff Gesundheitsförderung verwendet wird, geht es um die Stärkung der Ressourcen und Förderung einer gesundheitsfördernden Umwelt. Dabei sollen die Lebensbedingungen der Menschen innerhalb eines Systems (Welt, Land, Region, Unternehmen) verbessert werden.
Die Prävention hingegen bezieht sich auf die Reduktion des Risikoverhaltens und der Risikofaktoren einer einzelnen Person im Umgang mit ihrer Umwelt.
Früher stand die Gesundheitsförderung im Vordergrund, wo Behandlungen das Ziel hatten, die Symptomreduktion zur Verbesserung der Überlebensrate und Verringerung der Sterberate zu erreichen. Zunehmend tritt die Prävention in den Vordergrund, um die individuelle Gesunderhaltung und -förderung unter Berücksichtigung subjektiver Einschätzung zu verlagern.
Wir wandeln uns also in der Gesellschaft von einer sehr reaktiven Krankheitsbehandlung zu einer proaktiven Förderung von Gesundheit. Heute schon etwas für das Morgen machen, damit Krankheiten gar nicht erst auftreten. Denn eine höhere Lebensqualität lässt Rückschlüsse auf die künftige Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Hospitalisierungen zu.
In meinen Augen eine sehr begrüßenswerte wichtige Entwicklung!
Allgemeine Präventionsmaßnahmen für die mentale Gesundheit
Ich möchte mich hier auf der kurzen Auflistung und Erläuterung von Maßnahmen beschränken. Im dritten Teil meiner Artikel zum Stress (siehe unten) habe ich die Konzepte der Selbstwahrnehmung und Selbstbestimmung, des Copings (Bewältigung von Stressreaktionen) und der Resilienz (Aufbau Widerstandsfähigkeit) ausführlich beschrieben. Dort gibt es sehr viele Parallelen zur Präventionen der mentalen Gesundheit.
Hier kommen 11 Maßnahmen:
Selbstmanagement
Der Kern des Selbstmanagements liegt in der Eigenverantwortung. Im Kontext der mentalen Gesundheit bildet dies die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen.
Denn erst wenn du eigenverantwortlich mit dir selbst umgehst, wirst du dich auch stärker um dein Wohlbefinden kümmern.
Reflektiere dich selbst und überlege dir, wo du dich verbessern oder verändern möchtest. Anschließend kannst du Wissenssaufbau betreiben. Informiere dich auf meinem Blog, im Internet, Büchern oder anderen Quellen. Dadurch steigerst du automatisch deine Selbstwahrnehmung und erhältst Lösungen oder hilfreiche Tipps.
Gleichzeitig erlernst du neue Dinge und steigerst deine Kreativität. Beides sind Aspekte, die sich sehr positiv auf deine mentale Gesundheit auswirken.
Soziale Kontakte
Baue dir ein umfangreiches Netzwerk aus Familienangehörigen, Bekanntschaften mit Nachbarn und Freundschaften sowie im Umfeld eines sozialen Engagements auf.
Achte dabei darauf, dich nur mit Menschen zu umgeben, die dir guttun und die ebenfalls (so wie du auch!) eine optimistische Sichtweise auf das Leben haben. Es gibt diese Menschen, die dich Kraft kosten und ständig Konflikte erzeugen, diese energiezehrenden Kontakte gilt es zu vermeiden.
Dabei trainierst du soziale Fertigkeiten, erlernst die Geltung von Normen und Werten und erhältst Unterstützung bei Problemen. All das fördert deine mentale Gesundheit und Selbstwertgefühl, sowie den Abbau von Stress.
Gesunde Ernährung
Ich erzähle nichts Neues, wenn ich sage, dass das was du isst und trinkst, einen hohen Einfluss auf dein Energielevel, deine Leistungsfähigkeit, Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit hat.
Achte also auf eine ausgewogene Ernährung, einem guten Nährstoffhaushalt und vermeide Gifte wie Alkohol oder Zigaretten.
Bewegung
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass sich Sport enorm auf das Wohlbefinden und die Psyche auswirkt. Wo andere meditieren, gehe ich gemütlich eine Runde laufen und habe die Probleme des Tages verarbeitet und kann entspannt schlafen. Die positiven Effekte einer guten körperlichen Fitness sind ebenfalls ein wichtiger Punkt.
Zudem wird dabei das Stresshormon Cortisol abgebaut und kann somit präventiv gegenüber psychischer Störungen wirken.
Schlaf
Ich habe jahrelang schlecht geschlafen. Die Ursachen waren so vielfältig wie schädlich für mich.
Während des Schlafens werden die Eindrücke des Tages verarbeitet, sowie die Regeneration von Geist und Körper durchgeführt. Für mich ist guter Schlaf heute eines der wichtigsten Maßnahmen, um meine Leistungsfähigkeit sicherzustellen.
Reduktion von chronischem Stress
Stress entsteht, wenn wir eine Situation als überfordernd einschätzen. Daher ist es ungemein wichtig, chronischen Stress zu reduzieren. Wenn du über einen langen Zeitraum zu viele Aufgaben bewältigen musst, überfordert bist, Konflikte austragen musst und vieles mehr, kann das erhebliche Konsequenzen auf deine Gesundheit haben.
Daher ist es absolut ratsam, diene persönlichen Stressoren zu identifizieren, deine Arbeitsweise und -bedingungen zu verbessern und Lösungsstrategien für deine Probleme, negativen Gedanken und Emotionen zu erlernen.
Digital Detox
Unsere ganzen Geräte, vom TV über das Smartphone bis zum Computer, all diese Geräte können uns zwar in vielen Dingen helfen und unterstützen. Doch werden sie von Unternehmen auch dafür verwendet, um uns mit Problemen zu konfrontieren, deren Lösungen sie anbieten, um uns Angst zu machen und vor allem ständig unsere Aufmerksamkeit erhalten wollen.
Diese ständigen negativen Ablenkungen wirken sich sehr negativ auf unsere Psyche aus. Darüber hinaus vermindert das Blaulicht unsere Schlafqualität.
So kannst du den Konsum Medien vermeiden. Ich habe seit dem Beginn von Corona sämtliche Nachrichten-Apps gelöscht. Es war herrlich befreiend!
- Du darfst dich auch von dem Gefühl lösen, ständig erreichbar sein zu müssen. 99,99999 % der Benachrichtigungen sind nicht zeitkritisch.
- Wenn du in einem Meeting bist, musst du nicht ständig dein Handy und die Mails im Blick haben.
- Wenn du im Bett liegst, darf das Handy auch in einem anderen Raum liegen.
Ich sorge gerne für smartphonefreie Zeiten. Beim Spaziergang, während der Autofahrt, an einem Sonntag oder im Urlaub.
Das Smartphone ist für viele bereits ein festes Körperteil, ich wehre mich täglich dagegen!
Achtsamkeit
Aufbauend auf den Punkt des digital Detox, geht es bei der Achtsamkeit darum, in jeder Situation präsent und voll fokussiert zu sein.
Bei der Achtsamkeit geht es ebenfalls darum, deine schmerzhaften und positiven Gefühle, Gedanken und Sensationen besser wahrzunehmen und diese nicht zu bewertend, sondern einfach zu beobachten.
Diese Emotionsregulation kann enorme Auswirkungen auf unsere mentale Gesundheit haben, indem das ganze Gedankenkarussel zum stehen kommt uns angemessen verarbeitet werden kann.
positive Psychologie
Ebenfalls positiv wirkt sich eine positive Haltung zum Leben auf die mentale Gesundheit aus. Durch Zufriedenheit, Optimismus und dem achtsamen Erleben positiver Emotionen, wirst du die Welt und dein Leben stets sehr positiv wahrnehmen.
Wenn du dich selbst lieben lernst und Gutes für dich tust, wirst du gefestigt auf sämtliche Herausforderungen reagieren können.
Konfliktlösungskompetenz
Konflikte sind ein starker Stressor. Sie belasten uns und schwirren ständig in unserem Kopf herum.
Indem du lernst, Konflikte richtig einzuschätzen und angemessen mit ihnen umzugehen, werden sie dich nicht mehr so stark unter Stress setzen. Wenn du Konflikte aktiv bewältigen kannst, wirst du auch zunehmend mehr zu dir und deiner Meinung stehen können. Oftmals verhalten wir uns nicht so wie wir es für richtig halten, nur weil wir die Reaktion unseres Gegenübers fürchten.
Pausen machen
Nicht nur der Schlaf dient dazu, Energie freizusetzen und Eindrücke des Tages zu verarbeiten, auch Pausen können diesen Effekt hervorrufen.
Schon eine kleinere Pausen zwischen zwei Meetings kann sowohl das vergangene Meetings gedanklich abschließen, als auch deinen Geist auf das anstehende Meeting vorbereiten.
Essen am Bildschirm oder Telefonieren und Mails lesen während der Pause – all das ist keine Pause!
Es geht darum, kleinere Pausen über den Tag verteilt einzubauen und sich in dieser Zeit bewusst nicht mit der Arbeit oder anderen Dingen zu beschäftigen. Einfach mal ohne weitere äußere Eindrücke kurz zur Ruhe kommen. Einen Kaffee an der frischen Luft genießen, ein kleiner Spaziergang, kurz tief durchatmen oder ein paar kleinere Bewegungsübungen durchführen.
Prävention von Depressionen
Auch die Depression wird mittlerweile auf Grund ihrer erheblichen sozioökonomischen Folgen als Volkskrankheit betitelt. Die Ursache von Depressionen ist meist sehr vielfältig und das Ergebnis eines sehr langen Prozesses.
Personen mit niedrigem sozio-ökonomischen Status (Bildung, berufl. Rolle, Einkommen), Personen ohne Partnerschaft, mit mangelnder sozialer Unterstützung, mit chronischem Stress oder chronischen körperlichen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko an einer Depression zu erkranken.
Häufig führt ein niedriger Wissensstand über psychische Erkrankungen dazu, dass zum einen eigene Unterstützungsbedarfe nicht erkannt werden oder zum anderen kein angemessener Umgang mit Erkrankten im Umfeld stattfindet. Ein Wissensaufbau kann also dazu führen, eigene Risiken eher zu erkennen und Vorurteile gegenüber anderen zu reduzieren.
Nun möchte ich ein paar Schutzfaktoren nennen, die präventiv vor einer Depression schützen können. Neben der Teilhabe am Arbeitsleben, können Bewegung, soziales und gesellschaftliches Eingebundensein sowie ein gutes Stressmanagement depressive Risiken reduzieren.
Prävention seitens des Arbeitgebers
In Unternehmen erhalten Mitarbeitende meist erst Unterstützung, wenn bereits ein Eskalationsfall eingetreten ist. Auch hier entwickelt sich zunehmend eine Haltung der präventiven Gesundheitsförderung.
Der Bedarf hat sich durch das Home-Office weiter verstärkt. Denn dadurch wird es zunehmend schwerer für die Führungskräfte, die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden einzuschätzen und zu unterstützen.
Glücklicherweise trägt der Fachkräftemangel dazu bei, Gesundheit weiter in den Fokus zu rücken, da auf der einen Seite krankheitsbedingte Ausfälle schwerer abzufedern sind und die Arbeitnehmer verstärkten Wert auf einen Arbeitgeber mit einem fördernden Umfeld für mentale Gesundheit legen.
Die mentale Gesundheit wird im beruflichen Umfeld durch soziale Umstände (Arbeitsintensität, Konflikte, Arbeitsplatzsicherheit) und dem direkten Umfeld (Führungskräfte, Management, Kollegen) beeinflusst.
Einfluss des Unternehmens
Unternehmen können zunächst das Vertrauen in das Thema steigern, frühzeitig über mentale Belastungen sprechen zu können. Stress und Belastungsstörungen sind keine Schwäche des Menschen, sondern eine Schwäche des Systems.
Zur Aufklärungsarbeit können Webinare, Personal Coaches und interne Beratungsstellen betragen.
Einfluss des Managements und der Führungskräfte
Arbeitnehmer orientieren sich meist an direkten Führungskräften. Dabei sind sie stets vorsichtig und wollen keinerlei Schwäche zeigen und belastende Themen ansprechen. Stattdessen sprechen sie lieber über die eigene Performance oder vermeiden komplett den persönlichen Austausch.
Hier gilt es die Führungskräfte zu schulen, damit sie befähigt sind, einen sicheren Gesprächsrahmen zu schaffen und Signale angemessen zu deuten und darauf zu regieren. Wichtig ist mir dabei, dass Führungskräfte nicht auf das proaktive Feedback des Mitarbeitenden warten, sondern selbst regelmäßig das Gespräch suchen. Nur so kann Vertrauen entstehen und ein Gefühl für Schiefstände entstehen.
Fazit und Abschluss
Ich habe versucht, dir ein umfassendes Bild über das Thema der mentalen Gesundheit zu geben. Dabei ist mir wichtig, dass du zum einen dein eigenes Wohlbefinden besser einzuschätzen lernst und Strategien entwickelst, um Stressereignisse oder andere Unausgewogenheiten zu reduzieren.
Deine Gesundheit hast du nur einmal, kümmere dich also schon heute darum, bevor es zu spät ist und für du den Rest deines Lebens mit Einschränkungen konfrontiert wirst.
In diesem Sinne: Bleib niemals wie du heute bist!
Weitere Informationen zum Thema Stress
Teil 1: Worauf reagieren wir in stressigen Situationen?
- Was ist Stress?
- Welche Stressoren gibt es?
- Was passiert im Körper?
- Ist Stress immer schlecht?
Teil 2: Was Stress in uns anrichten kann
- Der Nährboden von Stress
- Die Folgen von Stress
- Zusammenhang von Emotionen und Stress
Teil 3: Wie du angemessen mit Stress umgehen kannst
- Selbstwahrnehmung
- Selbstbestimmung
- Coping: Bewältigung von Stressreizen
- Resilienz: Aufbau einer Widerstandsfähigkeit