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Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus 2 Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.

John F. Kennedy

Prolog: Der ungewollte Schubser

Schließe kurz deine Augen und erinnere dich. Denk zurück an die Momente, die dich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt haben. Lebenskrisen, diese entscheidenden Wendepunkte. Sie formen unser Leben und haben das Potenzial unserem Leben eine neue Richtung zu geben. Ob im Wirrwarr des beruflichen Alltags oder dem Trubel des Privatlebens. Trennungen, Trauer, Konflikte oder schlicht das Gefühl der Unzufriedenheit mit dem, was ist.

Was haben sie alle gemeinsam? Genau! Jede Krise trägt die Chance der Veränderung in sich. Sie kündigen sich im Vorfeld leise an und plötzlich ist er da, der Siedepunkt. Das große Chaos. Der absolute Tiefpunkt. Und das Schöne an diesen Tiefpunkten? Es kann nicht mehr schlechter werden, denn sonst wäre es ja nicht der Tiefpunkt. So beginnt der Tanz zwischen Stagnation, Wut und Wandel, und in diesem Rhythmus liegt oft der Schlüssel zur Selbstfindung.

Geschichte vom Senfkorn

In einem fernen Land lebte eine Frau, deren einziger Sohn tödlich verunglückt war. Sie wusste in ihrer Trauer keinen Rat mehr, wie sie es schaffen kann, nach vorne zu blicken.

In ihrem Kummer ging sie zu einem heiligen Mann und fragte ihn: “Welche Gebete und Beschwörungen kennst du, um meinen Sohn wieder zum Leben zu erwecken?” Er antwortete ihr: “Bring mir ein Senfkorn aus einem Haus, das niemals Leid kennengelernt hat. Damit werden wir den Kummer aus deinem Leben vertreiben.”

Die Frau begab sich auf die Suche nach dem Zauber-Senfkorn. Auf ihrem Weg kam sie bald an ein prächtiges Haus, klopfte an die Tür und brachte ihre Bitte vor: “Ich suche ein Haus, das niemals Leid erfahren hat. Ist dies der richtige Ort? Es wäre wichtig für mich.” Die Bewohner des Hauses antworteten ihr: “Da bist du an den falschen Ort gekommen”, und sie zählten all das Unglück auf, das sich jüngst bei ihnen ereignet hatte. Die Frau tröstete die Menschen und zog weiter.

Sie klopfte an viele Türen. Sie brach immer wieder auf und suchte aufs Neue ein Haus ohne Leid. Aber wo immer sie sich hinwandte, in Hütten und Palästen, überall begegnete ihr das Leid der Vergangenheit.

Die Frau dachte bei sich: “Wer kann diesen armen unglücklichen Menschen wohl besser helfen als ich, die ich selber so tief im Unglück bin?” Sie blieb und tröstete sie.

Schließlich beschäftigte sie sich nur noch mit dem Leid anderer Leute. Dabei vergaß sie die Such nach dem Zauber-Senfkorn und dem weisen Mann. Ihr war nicht bewusst, dass sie auf diese Weise tatsächlich den Schmerz und die Trauer aus ihrem Leben verbannt hatte.

Was du hier erfahren wirst

Die Geschichte zeigt, dass eine Krise niemals das Ende markiert. Selbst in aussichtslosen Momenten. Wenn sich abzeichnet, dass das Leben nie mehr dasselbe sein wird und die Aussicht auf eine Veränderung dünn erscheint. In diesem Chaos liegt die Chance. Doch wo etwas endet, kann wieder Neues entstehen.

Versteh mich nicht falsch – ich weiß, dass der Weg aus dem Tiefpunkt heraus wie eine schier unüberwindbare Hürde zu sein. Ist auch logisch. Wenn das Leben dich zu Boden geworfen hat, gibt es wenig Motivation wieder aufzustehen.

Doch genau hier möchte ich mit diesem Beitrag ansetzen. Natürlich habe auch ich einige Krisen und Rückschläge hinter mich gebracht. In den vergangenen Jahren habe ich mich intensiv mit diesem Thema beschäftigt, selbst getestet und im Gespräch mit vielen Menschen und Büchern nach Antworten gesucht.

  • Woher holen wir die Energie, um sie zu überwinden?
  • Was braucht es zur Veränderung?
  • Woher wissen wir, wohin die Reise gehen soll?
  • Wie geht man das Thema an?
  • Welche Methoden machen Sinn?

In diesem Beitrag wirst du erfahren, warum der Ausweg aus einer Krise aussichtslos wirken kann. Du wirst lernen, wie du mit Hilfe unterschiedlicher Methoden deine persönliche Suche nach dem Senfkorn gestalten kannst. Denn jede Krise ist immer eine Chance für persönliches Wachstum.

Was sind Lebenskrisen?

Wir haben es vorhin schon kurz angerissen. Doch lass uns tiefer eintauchen.

Lebenskrisen sind jene entscheidenden Phasen im Leben, in denen eine Person von intensiven emotionalen, psychologischen oder sozialen Herausforderungen herausgefordert wird. Sie werfen jemanden völlig aus der Bahn, da sie das Selbstbild, die Identität, die Lebensziele oder die zwischenmenschlichen Beziehungen betreffen. Damit einher gehen starke Gefühle der Unsicherheit und Zukunftsangst.

Eine Krise ist immer eine subjektive Bewertung. Eine Reaktion auf eine Situation, die von negativen Gefühlen wie Angst, seelischem Schmerz oder Trauer begleitet wird. Wir werden sehen, dass einige Krisen völlig normal sind und bestimmte Lebensphasen prädestiniert für Herausforderungen und Umbrüche sind, die wir als Krise wahrnehmen.

Doch eins nach dem anderen. Erkunden wir zunächst verschiedene Formen von Krisen. Natürlich können manche Situationen auch mehrere Krisen gleichzeitig auslösen. Eine Beziehungskrise beispielsweise kann eine existenzielle oder Identitätskrise führen. 

Persönliche Krisen

Unter persönliche Krisen fasse ich alles zusammen, was ausschließlich mit dir selbst zu tun hat. Natürlich haben alle Krisen mit dir selbst zu tun, doch hier ist keine zweite Person involviert.

Identitätskrise

In diesen Situationen sind wir auf der Suche nach uns selbst.

Wer sind wir? Was sind unsere Werte? Wo wollen wir hin?

Im jungen Erwachsenenalter oder in der Midlife Crisis tauchen diese Fragen häufig auf und können so manche Person zu großen Veränderungen führen.

Existenzielle Krise

Diese Krise geht noch tiefer als die Identitätskrise. Wir setzen uns mit existenziellen Lebensfragen auseinander.

Was ist der Sinn unseres Lebens? Was ist der persönliche Beitrag zur Welt? Wie stehen wir zur eigenen Sterblichkeit?

Gesundheitskrise

Unfälle, ernsthafte Krankheiten und Diagnosen oder gesundheitliche Einschränkungen, können eine Gesundheitskrise auslösen.

Wie geht es weiter? War das alles? Wie wird mein Leben verlaufen? Will ich überhaupt noch leben?

Hier kannst du mehr über das Thema der mentalen Gesundheit erfahren!

Alterskrise

Je älter wir werden, desto intensiver wird unser Blick zurück auf die Vergangenheit. Wir ziehen Bilanz und bewerten das gelebte Leben. Sie kann auch Anstoß sein, noch ein paar Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen. Also Konflikte aufzulösen oder anderen Menschen Lebenszeit zu schenken. Manchmal kann der Auslöser der Renteneintritt sein oder auch erst später, wenn der Körper vieles nicht mehr zulässt.

Bin ich zufrieden? Was bereue ich? Was kann ich noch bewirken? An was soll man sich erinnern? Was möchte ich hinterlassen? 

Finanzielle Krise

Hier fassen wir alle Herausforderungen zusammen, die mit Geld zu tun haben. Verschuldung, Geldsorgen oder der Verlust von Geld können diese Form der Krise hervorrufen.

Berufliche Krisen

Bei den beruflichen Krisen handelt es sich um alle Krisen, die mit der beruflichen Tätigkeit zu tun haben. Meist gehen damit persönliche Krisen einher, wie eine finanzielle Krise, Gesundheitskrise oder Identitätskrise.

Belastungskrise

Hierunter fallen nicht nur Burnout oder Depressionen, die den Ursprung in der beruflichen Ausübung haben. Auch starke Stresssymptome gehören dazu. Eine Belastungskrise führt in den meisten Fällen zu einer Gesundheitskrise.

Für mehr Infos zu stressbedingten Belastungen, empfehle ich dir meine dreiteilige Serie über Stress. Hier erfährst du alles über die Auslöser, Folgen und den Umgang mit Stress.

Arbeitslosigkeit

Wer seinen Job ungewollt verliert, kann schnell in eine Depression rutschen, wenn die ersten Bemühungen nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Manchmal gehen mit dem Jobverlust auch finanzielle Krisen oder eine Identitätskrise einher.

Sinnkrise und Unzufriedenheit

Wem der Job einfach keinen Spaß mehr macht, wird Unzufriedenheit und Antriebslosigkeit verspüren. Ein “weiter so” scheint immer unrealistischer zu werden. Wer allerdings keine Idee hat wohin die Reise gehen soll, fällt schnell in die Sinnkrise.

Vor allem in der aktuellen Zeit scheint man schnell “falsch” zu sein, wenn man nicht jeden Morgen glücklich und energiegeladen seiner Arbeit nachgeht. Da kann schnell Frust und Krisenstimmung aufkommen. Der zu gering ausgeprägte Drang nach Selbstverwirklichung ist schlussendlich die häufigste Ursache.

Insolvenz

Eine Insolvenz hat meist noch schlimmere emotionale Konsequenzen, als die Arbeitslosigkeit. Wenn das eigene Unternehmen insolvent geht, zerplatzt ein großer Traum. Wer dazu noch Mitarbeiter beschäftigt, kann die Verantwortung ihnen gegenüber ebenfalls nicht mehr gerecht werden.

In Deutschland hat dies leider häufig auch gesellschaftliche Folgen. Man wird als gescheitert angesehen. Zu Unrecht, aber das ist ein anderes Thema.

Ein tiefes Loch, aus welchem der Weg hinaus oft schwer wird.

Beziehungskrisen

Mit Beziehungen sind nicht nur Liebesbeziehungen gemeint, zu denen ich die Partnerschaft und Ehe zähle. Wir haben auch Beziehungen zu unserer Familie oder Freunden.

Scheidung / Trennung

Wenn eine Ehe oder Partnerschaft zu Ende geht, bedingt dies meistens große Veränderungen im Leben. Die gescheiterte Partnerschaft zu verarbeiten, sie im eigenen Umfeld zu kommunizieren, die Gründe zu akzeptieren.

Wurde in einer gemeinsamen Wohnung oder Haus gelebt, führt dies unweigerlich zum Umzug von einer oder beiden Personen. Noch herausfordernder wird es, wenn bereits gemeinsame Kinder auf die Welt gekommen sind.

Wie geht es mit all diesen Themen weiter?

Eine Trennung löst häufig auch viel Energie aus. Wenn ich mich schon verändere, dann kann ich auch gleich meine Träume verfolgen und alles verändern. Neues Land. Selbstständigkeit. Du kennst diese Geschichten.

Soziale Krise

Konflikte mit anderen Menschen können schnell groß und schmerzhaft werden. Wenn Freundschaften auf der Kippe stehen oder der Kontakt mit Familienmitgliedern nicht mehr möglich scheint, kann dies viele Selbstzweifel, Wut und Trauer hervorrufen.

Verlustkrise

Eine der schlimmsten Situationen ist es, wenn ein geliebter Mensch verstirbt. Eine Verlustkrise kann schnell zu einer Depression führen. Sehr schlimm trifft es Menschen, die nach vielen Jahren den Ehepartner oder gar ein Kind verloren haben.

Wie soll das Leben ohne diese Person weitergehen? Ich wollte noch so viel sagen!

Selbstwirksamkeit als Lösungsweg

Ich habe mir viele Gedanken gemacht, warum manche Menschen in dieser Leidensphase stecken bleiben und dauerhaft sämtliche Lust am Leben verlieren. Andere Menschen hingegen richten die Krone und schreiten voller Tatendrang und Energie voran.

Der Weg aus dem Tal der Tränen

Hier kommt meine persönliche Meinung.

Zunächst einmal hängt alles davon ab, ob genügend Energie vorhanden ist, um Handlungen anzustoßen. Bei depressiven Menschen ist dies meist nicht der Fall. Hier möchte ich unmissverständlich die Zusammenarbeit mit einem Therapeuten empfehlen, um überhaupt wieder einen Blick nach vorn werfen zu können.

Wer in der Vergangenheit schon Krisen bewältigt hat, verfügt über ein hohes Maß an Resilienz (Widerstandsfähigkeit). Wer auf diese innere Stärke zurückgreifen kann, wird auch wieder aufstehen können. Im selben Kontext hilft es, wenn bewährte Coping-Strategien erlernt wurden. Hierbei handelt es sich um das Wissen und die Fähigkeiten, die im Umgang mit Krisen helfen.

Genau dieses Wissen möchte ich dir hier vermitteln.

Vielen Menschen kann es helfen, soziale Unterstützung zu haben. Die Möglichkeit, sich auszusprechen oder Ratschläge und Tipps zu erhalten, kann einen bedeutenden Unterschied machen. Therapeuten sind die größten Experten auf diesem Gebiet. Doch auch Coaches können in vielen Situationen den nötigen Anstoß geben und Klarheit schaffen. Manchmal reicht es auch schon aus, im persönlichen Umfeld Menschen zu haben, die einem beistehen. Sie können die ersten Schritte unterstützen, als Ansprechpartner dienen und Lösungsvorschläge besprechen.

Was auch immer für wen funktioniert – wer seine Selbstwirksamkeit stärken kann, findet einen Weg aus der Krise. Es geht darum, wieder auf das Fahrrad aufzuspringen und nicht liegen zu bleiben. In Bewegung kommen. Kleine Schritte gehen. Positive Erfahrungen machen.

Selbstreflexion ermöglicht Klarheit

Und hier betreten wir das Feld der Selbstreflexion. In Momenten, in denen die Wege zahlreich und die Möglichkeiten vielfältig erscheinen, fällt die Entscheidung oft schwer. Wer in einer Krise steckt, hat wenig Kraft, um klare Entscheidungen zu treffen oder Dinge einfach auszuprobieren.

Genau aus diesem Grund wird die Selbstreflexion zu einem kraftvollen Hebel, der uns ermöglicht, gestärkt und zielgerichtet mit der Krise umzugehen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es uns in der Regel leichter fällt, zunächst Fragen zu beantworten oder uns mit bestimmten Methoden der Vergangenheit zuzuwenden.

Viele Menschen verharren in Krisensituationen, da sie den Ursprung der Krise nicht klar erkennen können. Sie fühlen sich als Opfer. Die Opferhaltung ist jedoch in der Regel eine sehr passive Haltung. Solange die Frage nach dem Warum keine klare Antwort liefert, scheint auch ein Wofür in weiter Ferne zu liegen.

Denn in einer Krise geht es zunächst darum, den Alltag in den Griff zu bekommen. Da sind ein Vision-Board oder die Definition von SMART-Zielen wenig hilfreich. Für jemanden der nicht weiß, warum er morgen noch aufstehen soll, wird sich nicht mit Gedanken über 5-Jahresziele beschäftigen wollen und können.

Selbstfindung fördert deine Selbstwirksamkeit

Inmitten solcher Krisen taucht oft das Gefühl auf, machtlos zu sein, weil es andere verursacht haben. Manchmal ist das auch so. Leider können wir uns jedoch nicht von anderen aus der Krise führen lassen – nur wir selbst können diesen Weg beschreiten.

Der gesamte Prozess zielt darauf ab, zunächst zu akzeptieren, was ist. Egal, wie laut wir schreien, die Vergangenheit wird nicht wiederkehren. Eine Krise ist wie der Bruch von etwas Vertrautem – ein “weiter so” ist nicht länger möglich.

Viele Krisen kündigen sich lange im Voraus an, sei es eine Gesundheits-, Beziehungs- oder Sinnkrise.

Gesundheitsprobleme sind oft das Ergebnis von langfristig falschem Verhalten, das schließlich in chronischen oder schwerwiegenden Krankheiten mündet. 

Beziehungskrisen sind meist die Summe aus vielen Streitigkeiten, mangelnder Wertschätzung und vor allem das Versäumnis, grundlegende Bedürfnisse wie Anerkennung, Zuneigung und Vertrauen zu erfüllen.

Auch Sinnkrisen tauchen nicht plötzlich auf. Es entsteht ein immer lauter werdendes Gefühl von Unzufriedenheit. Wenn wir m Widerspruch zu unseren Überzeugungen handeln, entsteht eine sogenannte kognitive Dissonanz. Diese wird irgendwann unerträglich und lässt uns antriebslos, zurückgezogen, aufbrausend, zynisch oder hilflos werden.

Wir harren zu lange aus und hoffen, dass sich das Problem von selbst löst. Manchmal geschieht dies auch. Doch weitaus häufiger kommen andere Kleinigkeiten hinzu, sodass sich alles summiert und wir irgendwann mit einem großen Vulkanausbruch konfrontiert werden – die Krise.

Und dann? Suchen wir erst einmal die Schuld bei den anderen. Solang wir nicht Schuld sind, können wir auch nichts ändern. Also leiden wir unendlich lange. Denn die Zeit wird niemals zurückgedreht werden können.

Daher liegt der Schlüssel die Selbstwirksamkeit. Erst mit der Akzeptanz dessen was passiert ist, können wir uns dem zuwenden, was wir selbst tun können. Durch aktives Handeln steigern wir unsere Selbstwirksamkeit, was wiederum unser Selbstvertrauen stärkt. Auf diese Weise treten wir gestärkt aus der Krise hervor.

Die 3 Phasen zur Bewältigung von Krisen

Stephen Covey sagt, dass niemals ein Rezept ausgestellt werden sollte, ohne dass eine ausführliche Diagnose durchgeführt worden ist. Mit den 3 Phasen möchte ich dir eine Hilfestellung für den Weg von der Diagnose bis hin zum Rezept an die Hand geben.

Sieh diese Hilfestellung als Angebot. Nimm dir, was zu dir passt oder suche selbst nach passenden Alternativen. Doch auf welchem Weg auch immer, ich kann dir nur empfehlen diese 3 Phasen der Reihe nach zu durchlaufen.

 

Jens Corssen schreibt in seinem Buch “Der Selbstentwickler” folgendes Zitat:

Dauerhafter Erfolg basiert – besonders in Zeiten raschen Wandels – auf einer notwendigen Veränderung zunächst des eigenen Denkens und, als Folge davon, des selbstverantwortlichen Handelns.

Das gilt auch für den Umgang mit Krisen. Es ist egal, was du im Außen bewirken möchtest. Zunächst ist es wichtig, den Blick nach innen zu richten, zu reflektieren und Veränderungen in der eigenen Denkweise anzustoßen. Erst dann können Veränderungen im Außen nachhaltig und stimmig mit dir selbst umgesetzt werden.

Phase 1: Selbstreflexion

Mit der ersten Phase geht es zunächst darum, dir selbst Klarheit zu verschaffen.  Bei manchen Arten von Krisen ist vielleicht klar was passiert ist. Bei einer Trennung, Unfall oder Kündigung ist der Auslöser deutlicher zu erkennen, als bei einer Sinn- oder Identitätskrise.

Doch nur, weil du den Auslöser kennst, heißt es noch lange nicht, dass dir bewusst ist, warum du dich in einer Krise befindest. Es gibt viele, die von sich behaupten selbstreflektiert zu sein. Vielleicht ist es so, vielleicht auch nicht.

Wer sich allerdings in einer Krise befindet, ist gut beraten sich selbst Klarheit über die Ursache und die eigenen Gedanken zu verschaffen. Denn unsere Gedanken sagen uns nicht immer das, was der Wahrheit entspricht. Sie verfolgen auch eine gewisse Schutzfunktion.

So kannst du den Prozess der Selbstreflexion durchlaufen und dir Klarheit verschaffen:

Zur Ruhe kommen

Es tut weh, den Blick auf die Krise zu richten. Eine der drei Reaktionen auf Stress und Angst ist die Flucht. Wir flüchten vor uns selbst und der Auseinandersetzung mit unseren Gedanken, indem wir uns ablenken. Das geschieht meist mit exzessiven Tätigkeiten.

  • Alkohol
  • Arbeit
  • Geschäftigkeit
  • Sex
  • Partys
  • Sport

Solange der Schmerz nicht durchlebt wird, greifen wir immer wieder auf diesen Fluchtmechanismus zurück. Keine gute Idee.

Meine Empfehlung ist ganz klar der Rückzug aus dem Alltag. Nimm dir ein paar Tage ganz für dich allein. Komm runter. Erhole dich. Tu was dir guttut, um zur Ruhe zu kommen.

Sauna, Spaziergang, Kurztrip ans Meer oder in die Natur. Hauptsache du machst etwas, bei dem du so wenig wie möglich von äußeren Einflüssen abgelenkt wirst und keinen Verpflichtungen nachgehen musst. Je nach Thema und Persönlichkeit kann das ein paar Tage oder auch mehrere Wochen dauern.

Oh ja. Für viele wird das hart werden. Tränen, Wut, Trauer. Alles darf hochkommen und durchlebt werden.

Gedanken sortieren

Sobald sich diese starken Emotionen etwas gelegt haben, kann der Weg beginnen. 

Bevor du mit irgendwelchen Aktivitäten beginnst oder in Aktionismus verfällst, kann ich dich nur zu mehr Klarheit anhalten. Viel zu häufig wird dasselbe nochmal neu gemacht. Eine Beziehungen mit jemanden der ähnlich dem vorigen Partner ähnelt, einen Job der genauso ist, wie vorher – nur in einem anderen Unternehmen.

Das führt dazu, dass du die Krise zwar abhakst, doch wirst du dieselbe Krise später wieder erleben. Krisen sind meist ein Zeichen, dass wir einen großen Schritt in Richtung Veränderung gehen sollen. Einstein wusste schon, dass wir dieselben Ergebnisse erhalten, wenn wir dasselbe erneut machen. Und das möchtest du nicht, oder?

Daher möchte ich dir mit den folgenden Fragen eine Möglichkeit an die Hand geben, für dich selbst Klarheit zu erlangen. Das sind größtenteils Coaching-Fragen. Daher kann dieser Prozess selbstverständlich noch zielführender mit einem Therapeuten oder Coach durchgeführt werden. Es sind teilweise Fragen, die auf den ersten Blick etwas merkwürdig scheinen. Lass dich darauf ein und schau was passiert.

Fragen zur Selbstreflexion

Denke über die Fragen nach. Vielleicht lässt du sie erst einmal während eines Spazierganges wirken. Wichtig ist, dir die Antworten aufzuschreiben. Denn viel zu häufig denken wir unsere Gedanken nicht zu Ende. Das klappt schriftlich viel besser. Vor allem denken wir langsamer und fokussierter.

  • Was genau macht dich gerade unglücklich?
  • Wie kam es deiner Meinung nach zu dieser Krise?
  • Was war dein Anteil daran?
  • Wie fühlst du dich, wenn du an die Situation denkst?
  • Was ist es genau, was die negativen Gefühle hervorruft?
  • Was genau lässt dich in dieser Situation negativ denken?
  • Welche Konsequenzen hat diese Situation auf dein Leben?
    • Welche Konsequenzen in 1 Stunde?
    • Welche Konsequenzen in 1 Tag?
    • Welche Konsequenzen in 1 Monat?
    • Welche Konsequenzen in 1 Jahr?
    • Welche Konsequenzen in 10 Jahren?
  • Was würdest du jemand anderem in dieser Situation raten?
  • Was glaubst du, kannst du daraus lernen?
  • Denke an eines deiner Vorbilder, was würde dieses Vorbild zu dir sagen?
  • Wie war dein Leben, bevor die Ursache eingetreten ist? Was ist jetzt anders?
  • Wann glaubst du, ist der Zeitpunkt erreicht, nicht mehr traurig zu sein?
  • Als das Problem noch nicht bestand, was hast du anders gemacht?
  • Was möchtest du, wie das hier ausgehen soll?
  • Angenommen heute Nacht käme eine Fee und würde das Problem für dich lösen, was wäre morgen anders?
  • Wie müsstest du dich in Zukunft verhalten, damit die anderen denken, das Problem sei wieder zurückgekommen?

Rückschlüsse ziehen

Du wirst gemerkt haben, dass dich einige der Fragen auf die vergangene Situation und die daraus entstandenen Gefühle haben blicken lassen. Das ist notwendig, um das ganze genauer zu betrachten und verarbeiten zu können. Die Grundlage von allem.

Andere Fragen sollten dich beschreiben lassen, was dir heute durch den Kopf geht und dich aus verschiedenen Blickwinkeln darauf schauen lassen. Es wurden auch ein paar Reframing-Fragen genutzt, die dich weg von der Emotion zu einer neutralen sachlichen Betrachtung veranlassen sollten.

Der letzten Teil besteht aus Fragen, die dich so langsam in die Zukunft blicken lassen. Um dir selbst eine Chance zu eröffnen, dass die Krise nicht das Ende des Lebens ist. Es geht weiter. Immer.

Durch die Beantwortung einiger der Fragen solltest du nun etwas mehr Klarheit haben. 

Was hat sich für dich verändert?

Phase 2: Der Blick in die Vergangenheit

Als nächstes geht es darum, aus deiner Vergangenheit zu lernen, um diese Krise zu meistern. Daher blicken wir nun auf vergangene Krisen und deine Stärken. 

1. Hast du schon ähnliche Situationen durchgemacht?

Schauen wir zuerst auf ähnliche Situationen. Vielleicht war das Ausmaß nicht so groß, aber vielleicht gab es Phasen, in denen du mit ähnlichen Themen umgehen musstest. 

Wenn ja, dann geh einmal zurück: Was hat dir geholfen, da wieder herauszukommen?

2. Welche anderen Krisen hast du schon durchgestanden?

Auch aus anderen Krisen in deinem Leben kannst du hilfreiche Ressourcen mitnehmen. Wie bist du dort vorgegangen? Was hat dir damals geholfen?

3. Was sind deine Stärken?

Worin bist du besonders gut? Deine Stärken sind Ressourcen, auf die du jederzeit zurückgreifen kannst. Hier gibt es sicherlich etwas, auf das du aufbauen kannst.

Phase 3: Der Blick nach vorne

Jetzt hast du Klarheit über das Ausmaß der Situation, deine Emotionen und weißt, was dir in anderen Situationen geholfen hat. Vielleicht haben dir auch die Gedanken darüber geholfen, die Situation etwas neutraler und sachlicher zu sehen. Wahrscheinlich tat es dir auch einfach nur gut, dich aktiv damit zu befassen.

Nun geht es also darum, dich aus dem Tal herauszukämpfen. Schritt für Schritt. Ganz behutsam.

Was brauchst du?

In Krisen ist es zunächst ratsam dafür zu sorgen, dass dich die Vergangenheit nicht erneut überrumpelt und nach unten zieht. Also liegt der erste Schritt darin, Abstand zu gewinnen und sicherzustellen, dass das jetzt das Schlimmste war, was dir diesbezüglich passieren kann. Den Tiefpunkt hinter dich lassen.

Je nach Situation können an dieser Stelle verschiedene Dinge helfen.

Bei Beziehungskrisen hilft es, dir erst einmal Abstand zu verschaffen. Je weniger Kontaktpunkte du mit der Vergangenheit hast, desto besser für dich. Nicht denselben Wohnraum teilen. Nicht ständig im Social Media nachsehen was die Person gerade macht. Vermeide auch möglichst Tätigkeiten, die dich stark an die Person erinnern.

Bei beruflichen und einigen persönlichen Krisen helfen klare Grenzen. Alles Negative, was dich an diesen Punkt gebracht hat, versuchst du strukturiert zu eliminieren. Situationen oder Aufgaben reduzieren und dich vielleicht auch ganz aus dem alltag herausziehen.

In dieser ersten Phase ist es wichtig, dass du auf dich selbst achtest. Eine Krise ist ein enorm anstrengender Prozess für deinen Körper. Versuche dir viel Ruhe zu gönnen und gut zu schlafen. Versuche auch viel Zeit mit Tätigkeiten zu verbringen, die dir gut tun.

All das gibt dir Sicherheit, dass es nicht mehr schlimmer werden kann. Das Heft des Handelns liegt nun bei dir.

Was machst du?

Mit der Sicherheit im Rücken, kannst du dich jetzt auf das was vor dir liegt fokussieren.

Wie sollen deine nächsten 4 Wochen verlaufen, damit du nicht zurück in den negativen Sog gezogen wirst? Es geht nach wie vor darum, dich selbst zu heilen. Setze dich nicht selbst unter Druck, indem du wieder zu früh voll einsteigst. Also schlechte Dinge weglassen und ein paar positive Dinge implementieren.

Vor allem aber ist jetzt der Punkt, wo du anderen gegenüber kommunizierst, was du künftig nicht mehr möchtest. Viele Menschen sind im Herzen hilfsbereit und wollen anderen etwas Gutes tun. Wenn du ihnen ehrlich und reflektiert erklärst, was passiert ist und was es in dir ausgelöst, können sie auch Verständnis dafür aufbringen, was du künftig nicht mehr tun möchtest.

Baue dir so langsam wieder einen geregelten Alltag auf. Treff dich mit Freunden zum Essen, mach Sport oder gehe wieder deinem Job nach. 

Es geht in dieser Zeit darum, deinen Scherbenhaufen zusammenzukehren. Die Vergangenheit klären und aufarbeiten. Regeln, was zu regeln ist. Ein Schritt nach dem anderen. Wühlt dich etwas auf, zieh dich wieder für einen Tag zurück und erhole dich.

Wohin möchtest du?

Wenn du das Gefühl hast, dass du wieder deinem normalen Alltag nachgehen kannst, über den Berg hinweg bist, kommt der spannende Teil dieses Prozesses.

Du wirst im Laufe dieses Prozesses hoffentlich zu der Erkenntnis gelangt sein, dass sich ein paar Dinge nachhaltig ändern sollten. Jetzt geht es darum, dir diese Stellschrauben bewusst zu machen.

Was kannst du künftig besser machen?

Wohin soll die Reise gehen?

Was brauchst du dafür?

 

Egal, ob es ein Jobwechsel, ein anderer Typ Partner, andere Hobbys oder ein Wechsel deiner Umgebung ist. Es gibt immer mehrere Ziele und Schritte, um dahin zu gelangen.

  1. Schreibe erst einmal alles auf, was dir dazu einfällt.
  2. Jetzt sortierst du die umsetzbaren Ziele aus, die heute noch nicht umsetzbaren Dinge kommen zur Seite
  3. Priorisiere die umsetzbaren Schritte. Was möchtest du als Erstes umsetzen?
  4. Welche Schritte sind notwendig, um das erste Ziel zu erreichen?
  5. Umsetzung!

 

Glückwunsch! Du hast dein Leben wieder in die Hand genommen.

Wie fühlt es sich an?

Du kannst sehr stolz auf dich sein. Genieße dieses Selbstvertrauen und mache etwas Schönes daraus!

Fazit

Krisen sind im ersten Moment immer überwältigend und reißen uns den Boden unter den Füßen weg.

Ich habe hier immer das Bild einer Schneekugel vor Augen. Es wird kräftig in unserem Leben gerüttelt. Daher ist es zunächst wichtig, diese ganzen Emotionen und Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Sobald wir wieder eine klare Sicht haben, können wir uns aktiv bemühen, die Situation zunächst kurzfristig und dann langfristig zu verbessern.

In vielen Gesprächen und auch aus eigener Erfahrung habe ich oft Beispiele gehört, in denen eine Krise immer der Anstoß von etwas Neuem war. Wenn wir sowieso schon etwas Neues aufbauen müssen, warum dasselbe nochmal und nicht etwas Größeres und Stärkeres.

Vielen hilft der Gedanke, dass das alte Leben mit dem Wissen und den Erfahrungen eines alten Ich’s entstanden ist. Heute bist du weiter. Also warum wieder die alten Muster verfolgen? Nutze die Chance!

 

Was hat dir konkret geholfen?

Wenn du Unterstützung an einer Stelle in diesem Prozess benötigst, schreibe mir gerne für ein Coaching eine Nachricht.

 

In diesem Sinne: Bleib niemals wie du heute bist!

Unterschrift