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Das Meiste von dem, was wir sagen und tun, ist unnötig und wenn man es wegließe, würde man mit mehr Muße und weniger Unruhe leben.

Marc Aurel

Prolog: Inhalt der Artikelserie rundum das Thema Stress

Wir alle wissen, dass er böse Folgen haben kann und trotzdem können wir uns dem nicht so richtig entziehen. In dieser dreiteiligen Artikelserie möchte ich mit dir das Thema Stress einmal ganz aus der Nähe betrachten.

Dabei geht es in dem ersten Teil um die Ursachen und den körperlichen Abläufen in einer Stresssituation, der zweite Teil beschäftigt sich mit den Folgen von Stress und insbesondere dem Burnout. Abschließend geht es im dritten Teil um Maßnahmen und der Prävention von Stress.

Das Wort Stress ist in der heutigen Zeit omnipräsent: Terminstress, Dauerstress, Beziehungsstress, Freizeitstress. Wir hören oft von anderen Menschen, dass sie gestresst sind oder sagen es selbst sehr oft. Doch was genau steckt dahinter? Sind wir wirklich alle ständig gestresst?

Was ist Stress?

Stress ist eine Reaktion

Unser Körper ist ein sehr komplexes System und ständig damit beschäftigt, sämtliche Parameter im Normbereich zu halten, um unsere Leistungs- und Überlebensfähigkeit zu gewährleisten. Wir befinden uns innerlich also in einem ständigen Anpassungsprozess. Hin und wieder kommt es zu einer angespannten Situation, in welcher der Körper uns dabei unterstützen möchte ihr schnellstmöglich zu entkommen. Unser Organismus reagiert auf den inneren oder äußeren Reiz mit einer Anpassungsreaktion, die bestimmte Automatismen in Gang setzt, sodass wir ein höheres Leistungsniveau erreichen und uns voll auf das Problem fokussieren können. So weit so gut.

Was eine solche Situation ist, bewertet unser Gehirn sehr individuell. Es zählt demnach nicht allein der objektive Stressreiz, sondern auch die subjektive Einschätzung des Menschen selbst. Wir reagieren auf stressige Situationen unterschiedlich, da der bisher erlernte Umgang mit ähnlichen Situationen ebenso eine Rolle spielt, wie die individuelle Einstellung zum Stress, der momentanen Belastbarkeit, dem Lebensstil und der Dauer, Anzahl und Stärke ähnlicher bisher erlebter Reize. Diese Reize werden Stressoren genannt und erfordern eine schnelle Reaktionsfähigkeit des Körpers auf die anstehende Gefahr. 

Die 3 Stressphasen

Die 3 Phasen in der Stresstheorie nach Selye setzen sich aus der Alarmreaktion, Widerstandsphase und der Erschöpfungsphase zusammen und beschreiben den Ablauf einer akuten Stresssituation.

  1. Die Alarmreaktion ist eine Folge aus der Anpassung des Körpers auf den Stressor. Der Körper versetzt sich zur Bewältigung der Bedrohung in einen besonders hohen Leistungszustand, durch beispielsweise einer besseren Durchblutung, einer höheren Sauerstoffaufnahme oder der Erweiterung der Pupillen. Diese Aktivierung diverser leistungssteigernder Ressourcen kostet den Körper allerdings sehr viel Energie.
  2. Da der höhere Energieverbrauch während dieses Stresszustandes nicht lange aufrecht erhalten werden kann, leitet der Körper eine Gegenreaktion ein, welche die Alarmreaktion abschwächen soll. Während dieser Belastungskompensation werden die Stoffwechselprozesse auf eine weniger intensive Energiemobilisierung umgestellt.
  3. Sobald die Handlung abgeschlossen ist oder die erforderliche Energie nicht mehr ausreicht, gerät der Körper in einen Erschöpfungszustand. Es kommt zu Energiebereitstellungsproblemen, welche negative Auswirkungen auf diverse Körperfunktionen nach sich ziehen können. Der benötigt also ausreichend Erholung zur Regeneration.

Was im Einzelnen in den drei Phasen stattfindet, besprechen wir weiter unten in diesem Beitrag. Schauen wir uns zunächst die Stressoren genauer an.

Welche Stressoren gibt es?

Was ist ein Stressor?

Wir haben bereits erfahren, dass ein Stressor nichts weiter als ein Reiz ist, der bei uns eine Anpassungsreaktion auslöst. Ein Stressor kann beispielsweise aus der Person selbst (Sorgen, Ängstlichkeit, Ungeduld, Erkrankungen), aus dem sozialen Umfeld (Streit, Belästigung, Mobbing, Betriebsklima), der Umwelt (Lärm, Schichtarbeit) oder der Kultur (Heimweh, Gefühl der Bedrohung) entstehen.

Neben stresshervorrufenden Life-Events, wie der Tod eines Familienmitgliedes oder eine Scheidung, Verlustängste und tiefgreifende Änderungen (neuer Vorgesetzter, neuer Arbeitgeber, Umzug), können Stressoren im beruflichen Kontext hingegen aus vielen kleinen Unannehmlichkeiten bestehen, die den Körper in einen ähnlichen Stresszustand versetzen. Dabei sind unter anderem Faktoren wie zu hohe quantitative und qualitative Anforderungen, Zeit- und Termindruck, unerwartete Unterbrechungen, tägliches Pendeln, Lohnpolitik, Karriere, fehlende Anerkennung, Stellenabbau, Arbeitsplatzsicherheit, Rollenkonflikte, fehlende Erholung und unklare Aufgaben besonders hervorzuhaben.

Identifikation von Stressoren

Stressoren werden auf grober Ebene durch die Neuheit, mangelnde Vorhersehbarkeit oder Unkontrollierbarkeit identifiziert, welche durch brenzlige Situationen oder ungünstige Rahmenbedingungen erzeugt werden. Die Stressantwort unseres Körpers ist daher von diversen (subjektiven) Einflüssen abhängig.

  • die Emotionalität und Intensität des Ereignisses: Was löst sie in uns aus?
  • die Art: traumatisches Erlebnis, Prüfung, Schreck, bedrohliche Umgebung
  • die zeitliche Dimension: Dauer- oder Kurzzeitbelastung, Schnelligkeit des Eintretens
  • kognitive Interpretation: physischer oder psychischer Schaden, Bedrohung, Verlust, Ärger, Herausforderung, Sorge um andere

Einzelne Stressreaktionen sind erst einmal nicht gesundheitsschädlich, sofern der Körper die anschließende Erholungsphase in ausreichendem Maße erhält. Für plötzlich auftretende Bedrohungssituationen stellt die Stressreaktion demnach eine energieintensive aber adäquate Reaktion dar. Führen die Situationen allerdings zu Dauerstress, der Körper steht also ständig unter Strom, ohne eine Bewältigungsstrategie zur Entschärfung zu finden, ist die Ausbalancierung nicht mehr möglich. Das kann zur Verringerung der Durchblutung, Verdauungsbeschwerden, erhöhter Muskelspannung, Rückenschmerzen, Leistungseinschränkung, Bluthochdruck / Herzinfarkt, Tinnitus oder zum Hörsturz führen.

Was passiert im Körper, wenn wir uns in einer stressigen Situation befinden?

In diesem Teil sprechen wir etwas detaillierter über die Abläufe innerhalb des Körpers. Wenn du mein Interesse an dem Wunderwerk des menschlichen Körpers nicht teilst, darfst du diesen natürlich gerne überspringen.

Warum reagiert das Hirn überhaupt auf eine Gefahr?

Die Funktionsweise des Gehirns im Stress-Kontext

Unser Gehirn möchte möglichst energiearm arbeiten und ist zufrieden, wenn ein sogenannter Kohärenzzustand erreicht wird, in welchem unser Denken, Fühlen und Handeln zu unseren Erwartungen passt. Dann befindet sich das Hirn in einem ausbalancierten Normalzustand. Wenn jetzt Probleme in jeglicher Form auftauchen, gerät es durch die Unruhe aus dem Gleichgewicht und muss Energie für die Lösungssuche aufwenden. Genau diese Lösungssuche, um einen energieraubenden in einen energieärmeren Zustand zu wandeln, ist die Stressreaktion des Körpers. 

Die gefundene Lösung setzt anschließend Botenstoffe frei und führt zu einem Glücksgefühl. Die Lösungssuche ist ein Lernprozess, um in ähnlichen Situation erneut so reagieren zu können. Doch heißt energieärmer nicht automatisch, dass es sich um die beste Lösung erhält. So kann ein großer Streit auf der Arbeit oder innerhalb der Familie mit Alkohol, Nikotin, TV, Shopping oder sonstigen Ablenkungsstrategien und Betäubungen in einen energieärmeren Zustand gebracht werden. Das Gehirn hat diesen inkohärenten Zustand (wütend, nachdenken) in einen ruhigeren Zustand verwandelt – Gefahr gebannt!

Es  raucht langfristige Lösungen gegen Stressoren, keine Symptombekämpfung

Nur ist es meist so, dass diese einfachen Ablenkungen die Gefahr nicht dauerhaft bannen und lösen, sondern nur die Stressreaktion vorübergehend mildert. Und weil es so schnell und gut hilft, greift das Hirn immer häufiger auf diese Ablenkungsstrategie zurück, da zusätzlich noch Glücksgefühle hervorgerufen werden, entwickeln wir aus der positiven Absicht des Körpers eine Sucht. Eine Sucht, die immer mehr von demselben benötigt, um uns abzulenken. Doch leider tauchen die negativen Emotionen und Gedanken am nächsten Morgen immer wieder auf und es geht von vorne los.

Um es noch genauer zu sagen, besitzen wir in unserem Hirn das sogenannte limbische System, eine Funktionseinheit des Gehirns, in welchem Emotionen und Triebverhalten entstehen. Der Präfrontale Cortex empfängt unter anderem Signale aus dem limbischen System, bewertet sie und kann situationsangemessene Handlungen einleiten oder emotionale Prozesse regulieren.

In Stresssituationen kann der Frontalkortex keine “vernünftigen” Entscheidungen und Handlungen mehr durchführen (Planungen, Abschätzungen, Einfühlvermögen, Impulskontrolle), da das limbische System die Steuerung übernimmt, um effizient und schnell dieser Gefahr zu entfliehen. Hier kommt die Amygdala ins Spiel, welche Gefahrensituationen wiedererkennt und Affekthandlungen auslöst. Sie ist wichtig für die Empfindung von Angst und Furcht, auf welche automatisch mit Überlebensprogrammen reagiert wird. Das limbische System bewertet also die Situation und wenn sie als Gefahr eingeordnet wird, übernimmt die Amygdala die Handlungssteuerung.

Die Stressreaktion

Kommen wir nun zum Kern der Stressreaktion. Wird die Situation als Gefahr eingestuft, sendet die Amygdala ein Signal an den Hypothalamus, welcher ebenfalls ein Teil des limbischen Systems ist. Dieser steuert beispielsweise den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Körpertemperatur und den Hormonhaushalt. Er reguliert also die Körperphysiologie und das Verhalten im Anpassungsprozess auf die Umwelt. Als Schaltzentrale des autonomen Nervensystems sendet er in einer Stresssituation Informationen an den Sympathikus und Parasympathikus, welche diese an die Organe weiterleiten, um dort entsprechende Reaktionen zu veranlassen.

Die Aktivierung des Sympathikus als Stressreaktion

Fangen wir vorne an. Unser Gehirn hat erlernt, auf welche Stresssituationen der Körper wie zu reagieren hat. Tritt eine solche Situation auf, erinnert sich das Gehirn und beginnt sofort mit der Anpassungsreaktion. Diese startet meist mit dem Sympathikus, dessen Zuständigkeit die schnelle Stressantwort darstellt. Es werden über die Nervenstränge Informationen an die inneren Organe gesandt, um dort hemmende oder fördernde Reaktionen zu initiieren – der Körper wird auf Höchstleistung aktiviert. Der Sympathikus ist demnach für die Ausführung der Alarmreaktion (Phase 1) zuständig.

Zunächst werden Adrenalin und Noradrenalin in den Blutkreislauf freigesetzt, welche in den Organen weitere Reaktionen veranlassen:

  • vermehrte Herstellung und Verteilung von ATP (Energie) im Körper
  • Weitung der Pupillen, um besser sehen zu können
  • Erhöhung der Herzschlagfrequenz, um den Blutfluss zu erhöhen, sodass der Körper zur höheren Leistungsfähigkeit schneller mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird
  • Erhöhung der Lungen- und Atemfrequenz für eine höhere Sauerstoffaufnahme
  • Anregung der Schweißdrüsen, um den hart arbeitenden Körper zu kühlen
  • Hemmung der Verdauungsleistung im Magen-Darm-Trakt und Nieren, was die für die Stresssituation unnötigen energieraubenden Verdauungs-, Entgiftungs- und Harnbildungsprozesse stoppt
  • Durchblutung der Geschlechtsorgane wird gestoppt, da in Stresssituationen wenig Bedarf an Lust und Fortpflanzung besteht und das Blut woanders besser verwendet werden kann

Du erkennst also, dass der Körper Wege gefunden hat, um dich sehr schnell auf ein anderes Leistungsniveau zu bringen. Gleichzeitig wird hier schon deutlich, dass diese kräftezehrende Reaktion auch negative Folgen hat, da einige wichtige Prozesse ausgeschaltet werden. Das ist bei einer Fluchtreaktion nicht weiter schlimm, sondern förderlich. Wer möchte bei einem Angriff schon eine Toilette aufsuchen?

Die Aufrechterhaltung der Stressreaktion

Falls die Gefahr noch länger andauert, beginnt der Hypothalamus mit der Aktivierung weiterer Reaktionen. Er setzt Glucose frei und reguliert den Wasserhaushalt zur Erhöhung der Blutmenge. Diese langsamere Reaktion ist notwendig, da Adrenalin und Noradrenalin nur wenige Minuten halten. Es muss also eine alternative Energieversorgung her, um die Stressreaktion länger aufrecht halten zu können. Dies ist der Zustand, in welchem wir uns dauerhaft bei erhöhtem Stress befinden, was chronische Stresssymptome und negative Auswirkungen auf unser Körper-Psyche-Emotionen-System nach sich ziehen kann.

Die Aktivierung des Parasympathikus zur Erholung von Stress

Im Anschluss an die schnelle Alarmreaktion wird der Parasympathikus aktiviert. Er ist der Gegenspieler des Sympathikus und verläuft ebenfalls vom Hypothalamus ausgehend zu allen inneren Organen. Dieser soll den Körper wieder in den Ruhezustand bringen, also die Erholung, Entspannung und Regeneration anstoßen.

  • Verengung der Pupillen und Entspannung der Augen
  • Anregung der Speicheldrüse zwecks besserer Nahrungsaufnahme, da die Energiereserven geleert sind
  • Entspannung des Magen-Darm-Traktes, u. a. zur Anregung der Verdauungssäfte
  • Nahrung wird nicht verarbeitet, sondern als Energiereserve verwendet
  • Herz (Reduktion der Herzschlagfrequenz), Lungen (Atemfrequenz) und Nieren werden ebenfalls stimuliert, wodurch der Blutfluss und die Nährstoff- sowie Sauerstoffversorgung zurückgefahren werden
  • Nieren können nun entgiften, den Wasser und Mineralstoffhaushalt regulieren und Abfallstoffe über den Harn ausleiten

Das Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus dienen also der Balance zwischen Anspannung und Entspannung. 

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Ist Stress immer schlecht und sollte vermieden werden?

Ist die Stressreaktion noch “zeitgemäß”

An dieser Stelle wird oft die Flucht vor dem Säbelzahntiger genannt, welchem wir im heutigen Alltag selten gegenüberstehen. Daraufhin wird der Rückschluss formuliert, dass wir diese Stressreaktion heutzutage nicht mehr benötigen. Wir müssen also lernen, diese Reaktionen so klein wie möglich zu halten, da sie ein altes Relikt aus vergangener Zeit mit völlig anderen Bedingungen darstellt.

Ich möchte an dieser Stelle entschieden dagegen halten. Ja, wir müssen eher selten vor Raubtieren flüchten. In unserer zivilisierten Welt sind auch Überfälle und sonstige lebensbedrohliche Situationen glücklicherweise eine Rarität. Doch sollten wir deshalb diese Meisterleistung des Körpers unterdrücken oder als sinnlos und schlecht abstempeln? Ich sage NEIN.

Stress ist nicht sinnlos, sondern ein Bote 

Vielmehr bin ich der Meinung, dass wir wieder lernen sollten genau hinzuschauen. Unser Gehirn möchte uns mit dieser Stressreaktion etwas sagen und uns sogar unterstützen. Denn letztendlich zeigt uns diese Stresssituation nur auf, was wir gerade wahrnehmen. Also ist sie nur der Übermittler der Nachricht, nicht der Ursprung. Anstatt aus solchen Reaktionen mit Betäubungen und Ablenkungen schnellstmöglich zu fliehen, sollten wir uns näher damit beschäftigen. Der Stress ist nicht das negative, sondern die Ursache dessen.

Und auch wenn wir solchen lebensbedrohlichen Gefahren heutzutage nur noch ganz selten gegenüberstehen, heißt das nicht gleich, dass die Stressreaktion keine Daseinsberechtigung mehr hat. Natürlich kann die Reaktion des Körpers in manchen Situationen als übertrieben wahrgenommen werden, aber nicht, weil es einfach so ist, sondern weil wir keinen anderen Umgang aus vergangenen Erfahrungen erlernt haben.

So ist ein Aufzug keine Gefahr für das Leben. Doch bei manchen Menschen löst ein Aufzug sehr extreme Reaktionen aus. Jetzt können wir natürlich diese Situationen vermeiden und somit die Reaktionen unterdrücken – dann bleibt alles wie es ist. Oder wir setzen uns damit auseinander und gehen dem Ursprung auf dem Grund und versuchen die Reaktion Stück für Stück etwas milder werden zu lassen.

Die Unterscheidung zwischen Distress und Eustress

Wie hast du auf die Beschreibung reagiert, was der Sympathikus in uns auslöst? Mit “Oh Gott, nein das ist ja überflüssig” oder mit “Wow, wir können uns selbst zur Höchstform pushen”.

Ich bin fasziniert davon. Wäre es nicht großartig, wenn wir uns diese besondere Leistungsfähigkeit zu Nutze machen können? Und genau an dieser Stelle sind wir bei der Unterscheidung zwischen Distress und Eustress angelangt.

Eustress: Bei Herausforderungen verbessert er die Leistungsfähigkeit

Eustress ist die Form von Stress, die uns beflügelt, also der positive Stress. Wenn wir vor neuen Herausforderungen stehen oder schwere Aufgaben zu bewältigen haben, welche wir gleichzeitig als lösbar empfinden, hilft der Eustress uns, die Situation besser zu meistern. Wir haben bereits besprochen, dass die Bewertung solcher Situationen sehr individuell ist. Für jemanden, der selten Präsentationen hält, ist ein Vortrag vor 500 Personen überfordernd (Distress). Jemand, der bereits geübt ist, bewertet diesen Vortrag lediglich als herausfordernd (Eustress).

In solchen lösbaren Situationen bist du zwar angespannt, empfindest jedoch auch Gefühle der Euphorie, Freude oder Begeisterung. Werden die Stresshormone freigesetzt, kannst du die erhöhte Wachsamkeit und Energiesteigerung in Vorstellungsgesprächen, wichtigen Präsentationen, Prüfungen oder bei Wettkämpfen für dich nutzen. Wichtig dabei ist, dass sich Eustress in einzelnen Situationen einstellt, welche nur einen kurzen Zeitraum andauern. Sobald die Situation vorüber ist, stellt sich die Erholung ein, begleitet von einer großen Portion Selbstvertrauen und Zufriedenheit. Klingt doch gut, oder?

Distress: Der Vorbote vieler Krankheiten

Ist eine Situation allerdings zu herausfordernd, wird also als nicht bewältigbar und belastend eingeschätzt, deutet das auf Distress hin. Distress wird meist von Angst, Sorgen, Konzentrationsstörungen oder Stimmungsschwankungen begleitet. Darüber hinaus werden auch zu lang anhaltende angespannte Zustände dem Distress zugeordnet. Das sind Stressoren, wie ein zu hohes Arbeitspensum, Zeitdruck, soziale Konflikte, fehlende Wertschätzung oder  zu hohe Reisezeiten.

Wenn wir bei solchen Stressoren zu lange “stark bleiben”, ohne dass wir uns ausreichend Zeit für die Entspannung und Erholung nehmen, bleibt der Körper permanent im Stressmodus und kann sogar chronisch werden. Distress kann, wenn er zu lang andauert, Verspannungen, Schlafstörungen, Magenschmerzen bis hin zu Depressionen und Burnout führen. Also all das, was wir nicht wollen.

 

Zusammenfassung und Ausblick

Das war der erste Teil der Serie. Bevor ich einem Ausblick auf den nächsten Teil gebe, möchte die Erkenntnisse noch kurz zusammenfassen.

Stress ist also eine Anpassungsreaktion des Körpers auf einen inneren oder äußeren Reiz (Stressor), der von unserem Gehirn als herausfordernd bewertet wird. Diese Bewertung hat eine Alarmreaktion zur Folge, die das sympathische Nervensystem zur Bewältigung der Situation aktiviert. Wir werden in einen Notbetrieb des Körpers versetzt, welcher diverse leistungssteigernde Reaktionen mit sich bringt. Das parasympathische Nervensystem hilft uns anschließend dabei, wieder zur Ruhe zu kommen und uns von der energieintensiven Stressreaktion zu erholen. Lösbare Herausforderungen, welche meist auf konkrete Situationen zurückzuführen sind, werden dem Eustress zugeordnet. Zu hohe oder zu lang anhaltende Herausforderungen fassen wir mit dem Begriff Distress zusammen. Gerade der Eustress kann uns in diversen Situationen bei der Bewältigung helfen und somit unser Selbstvertrauen steigern – wir erweitern also mit Hilfe des Eustress unsere Komfortzone.

Im nächsten Beitrag kümmern wir uns um die Folgen von Stress und betrachten dabei auch die damit einhergehenden Emotionen sowie den Burnout genauer.

In diesem Sinne: Bleib niemals wie du heute bist!

Was Stress in uns anrichten kann

Teil 2: Was Stress in uns anrichten kann

  • Der Nährboden von Stress
  • Die Folgen von Stress
  • Zusammenhang von Emotionen und Stress
Wie du angemessen mit Stress umgehen kannst

Teil 3: Wie du angemessen mit Stress umgehen kannst

  • Selbstwahrnehmung
  • Selbstbestimmung
  • Bewältigung von Stressreizen
  • Aufbau einer Widerstandsfähigkeit