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Der unzufriedene Mensch findet nie einen bequemen Stuhl.

Benjamin Franklin

Prolog: Kann die Glückssuche Unzufriedenheit hervorrufen?

Das Streben nach Glück hält uns motiviert und bringt uns dazu, neue Dinge anzugehen. Sei es eine persönliche Veränderung oder ein neues Projekt, ein neues Hobby oder etwas ganz anderes das erste Mal zu tun. Das haben wir bereits in anderen Blogbeiträgen thematisiert.

Wagen wir Neues um uns zu entwickeln, erzeugen wir eine hohe Motivation und Durchhaltevermögen. Wagen wir allerdings Neues auf der Grundlage des Wettbewerbes und Vergleich mit anderen, ist die Chance höher, dass wir damit Unglück und Unzufriedenheit erzeugen. Mehr zu haben, verliert in einem erfüllten Leben an Bedeutung. Es ist ein Gefühl des Mangels, die Unzufriedenheit mit dem Status Quo, die den Wunsch nach mehr antreibt. Erfüllen sich derartige Wünsche an das Leben, werden sie sofort durch neue ersetzt. Wenn sich diese Wünsche nicht erfüllen, bringen sie uns Leid und Schmerz.

Verfolgen wir also ein Ziel aus der falschen Motivation heraus, können wie die Zielerreichung nicht genießen, weil wir schon der nächsten Möhre hinterherrennen. Erreichen wir es nicht, provozieren wir Leid und noch mehr Unzufriedenheit.

Leid und Unzufriedenheit sind also häufig Resultate aus unserem Streben nach Glück. Daher sollten wir uns das einmal genauer anschauen.

Wie entstehen Leid und Unzufriedenheit?

Erst wenn unsere Grundbedürfnisse gedeckt sind, entsteht eine Leere in uns. Meist glauben wir, dass es Geld, Ruhm oder andere materielle Dinge sind, die uns noch glücklicher machen. Doch das stimmt nicht. 

Schmerzliche Erfahrungen erzeugen Leid

Passiert uns etwas Gutes, fragen wir selten “Warum ich?”. Gute Dinge nehmen wir hin und genießen sie sogar für eine kurze Zeit. Diese Frage stellen wir uns nur bei schmerzlichen Erfahrungen. Wir stellen sie uns dann immer wieder, obwohl es niemals eine befriedigende Antwort darauf geben wird. Leiden heißt, dass wir den Schmerz chronisch werden lassen.

Leid ist eine krankhafte Treue gegenüber etwas Abwesendem, eine Sucht nach Unwohlsein oder eine falsche Wahrnehmung. Holen wir unsere Verletzungen und Sorgen immer wieder geistig hoch, wird sich an der Situation nichts verändern. Höchstens erhalten wir Aufmerksamkeit und Mitleid oder lösen sogar Sympathie bei anderen aus, indem wir unser Leid hinauszögern.

Der Schmerz allein hat immer ein Ende, sofern er Akzeptanz beinhaltet. Lebenskrisen sind demnach leidhervorrufende Wahrnehmungskrisen, da wir einem Ereignis einen hohen Wert für unser künftiges Leben beimessen. Dennoch haben Schmerzen eine Bedeutung, da sie unseren Geist auf etwas aufmerksam machen wollen. Entschließt sich unser Geist, den Schmerz zu verstärken, wird das Leid erhöht. 

Darüber hinaus kann Glück auch bedeuten, frei von Schmerzen zu sein. Das merken wir allerdings erst, wenn wir einmal Schmerz durchleben. Die Frage nach dem Warum bringt keine Heilung, sondern nur Akzeptanz und eine lösungsorientierte Denkweise. Ein überwundener Schmerz erzeugt Resilienz gegenüber schlechten Dingen. Es ist also wichtig sich mit Schmerz aktiv (wenn er auftritt) und proaktiv (bevor er auftritt) zu befassen.

Unzufriedenheit durch falsche Belohnungen

Siegmund Freud hat einmal gesagt, dass die Grundlegende Motivation im Wunsch besteht, die Spannungen unerfüllter Triebe abzubauen. Das kann auf der einen Seite durch die das Streben nach Lob, Glück oder Ruhm befriedigt werden oder durch die Vermeidung von Leid.

Das Streben nach Belohnungen zeichnet sich dadurch aus, dass wir uns von Reaktionen anderer abhängig machen. Trifft es ein, sind wir glücklich und stolz. Bleiben die Belohnungen allerdings aus, steigt Unzufriedenheit in uns auf. Dazu kommen so viele andere Dinge, die uns unglücklich machen können, wohingegen diejenigen relativ selten sind, die uns wirklich glücklich machen können.

Bei den Belohnungen ist zu berücksichtigen, dass deren Intensität immer geringer ausfällt, je häufiger sie auftreten. Wir gewöhnen uns durch die Adaption sehr schnell an Anreize wie ein besseres Auto oder höheres Gehalt. Anschließend braucht es eine immer höhere Dosis desselben Anreizes.

Wir Menschen sind sehr einfallsreich, was die Vermeidung von Leid angeht. Wir leugnen Probleme oder erahnen sie vage und lenken uns dann ab, um nicht darüber nachzudenken oder machen andere dafür verantwortlich. Häufig greifen wir zu chemischen Ablenkungen, wie Drogen oder Alkohol, um unser Leid zu betäuben.

Nehmen wir eine starke Abwehrhaltung gegenüber dem Auftreten von Leid ein, rufen wir lediglich ein Gefühl der Hilfslosigkeit in uns hervor.

Unglück ereilt jeden von uns

Wir haben bereits gesagt, dass materielle Dinge nur so lange ein Glücksgefühl in uns hervorrufen können, so lange unsere Grundbedürfnisse noch nicht gedeckt sind. Anschließend jagen wir zwar weiter dem Geld nach, können damit aber nicht noch mehr Glück erzeugen.

Der Wohlstand, welchen wir hier in der westlichen Welt genießen, deckt bereits die meisten Grundbedürfnisse ab. Dadurch haben wir kaum Berührungspunkte mit Ursachen von Leid, wie es Menschen an anderen Orten auf dieser Welt täglich spüren. Obdachlosigkeit, Hunger, Wassermangel, Krieg – davon sind wir in der Regel nicht mehr direkt betroffen. 

Dieser Umstand führt allerdings dazu, dass Leid für uns immer seltener präsent und sichtbar ist, sodass wir es als Anomalie  und Zeichen des Scheiterns wahrnehmen. Dadurch bringen wir uns selbst in eine Opferhaltung.

Unglück ereilt jeden von uns. Es gibt immer Dinge im Leben, die einmal nicht so laufen, wie wir es uns gewünscht haben. Dennoch halten wir uns für den Mittelpunkt der Welt. Wir haben aus der Opferhaltung heraus die Überzeugung, dass nur wir allein unerträglich viel leiden müssen.

Wenn wir uns in unserer Haut (“nur mir passiert so etwas”) und unserem Hirn (Sorgen machen, jammern) gefangen fühlen, vervielfachen wir die Folgen einer unglücklichen Situation. 

Wie kannst du Leid und Unzufriedenheit reduzieren?

Die Reduktion von Leid und Unzufriedenheit ist letztlich eine Veränderung unserer Wahrnehmung und der Reaktion auf Glücksmomente oder negative Erlebnisse. Ein Beispiel falscher Wahrnehmungen sind Glücks- und Versagensängste.

Löse dich von der Glücksangst

Die Suche nach Glück kann uns aus verschiedenen Gründen auch Angst machen. Wir sprechen hier vor dem Phänomen “Fear of Happiness”.

Natürlich wissen wir, dass kein Glücksmoment ewig anhält. Euphorie ist vergänglich, da wir nicht ständig auf Wolke 7 schweben können. Das wäre auch ziemlich anstrengend für Körper und Geist.

Nach besonders positiven oder, zum Glück auch nach besonders negativen Lebensereignissen, kehren wir immer wieder zu einem relativ stabilen Glückslevel zurück. Diese Gewöhnung beschreibt die Psychologie als “hedonistische Adaption”. Wir gewöhnen uns nach einem Lottogewinn, dem Tod eines geliebten Menschen, der Hochzeit (oder Scheidung), dem Traumjob oder einer Gehaltserhöhung an diesen Zustand und bewerten ihn als Normalzustand.

Manchmal wird dieser Vorgang auch “hedonistische Tretmühle” genannt. Es verdeutlicht den Sachverhalt, in welchem wir uns ständig für noch mehr Glück abstrampeln, aber letztlich nicht vom Fleck kommen. Es gibt kein höheres Glücksgefühl, nur Glück, Unglück und den Normalzustand.

Manchen Menschen bereitet allerdings der Gedanke Sorge, dass sie das Glück wieder verlieren können und in ein Glückstief fallen können. Ebenso verhält es sich mit dem Glaube, dass sie selbst kein Glück verdient hätten und sich vor Neidern in Acht nehmen müssen. Sie haben so große Angst vor der Leere nach dem Hoch und der Reaktion anderer, dass sie sich regelrecht davor fürchten oder diese Gefühle kaum genießen können.

Die Verknüpfung von Glück an Schuldgefühle kann in einigen Fällen darauf zurückgeführt werden, dass Menschen als Kind häufig in positiven Erwartungen enttäuscht wurden. Menschen mit Glücksangst scheinen auch häufiger an Depressionen zu erkranken. Die Versuche sich aus Furcht vor Hochgefühlen zu schützen und diese zu unterdrücken, macht sie leichter für depressive Ursachen zugänglich.

Behebe dir Ursachen

Leid kann nur zeitweise unterdrückt werden, vor allem wenn Alkohol oder Drogen dazu verwendet werden. Solange die Ursache nicht behoben wird, wird es immer wieder ausbrechen.

Probleme werden zu Herausforderungen, wenn wir zeitnah anfangen Lösungen zu finden. Betrachten wir den Umstand als unfair und versuchen das Leid zu ignorieren, fügen wir unbewusst etwas hinzu, was Treibstoff für geistige Unruhe ist. Die Passivität verleitet uns dazu zu glauben, dass wir sowieso keine Wahl haben oder keinerlei Chance besitzen, etwas ins Positive zu wandeln.

Die Lösungssuche selbst versetzt uns von der Opferrolle in eine Art Täterrolle, in der wir aktiv etwas zur Verbesserung unserer Lage machen. Wir werden erst zugänglich für Glück, wenn wir uns von der Negativität nicht unterkriegen lassen und uns vom Leid befreien. Höre genau hin, was dein Geist dir sagen will und erlerne den angemessenen Umgang damit.

Lerne den Umgang mit Enttäuschungen

Viele Menschen in unserer Umwelt sind darauf aus, uns Anreize zu bieten, von denen sie behaupten sie würden uns glücklich machen. Dabei handelt es sich meistens um äußere Anreize, die uns niemals langfristig und meist noch nicht einmal kurzfristig glücklich machen können.

Hinzu kommt, dass wir meist ständig irgendwelchen Anreizen hinterherrennen und währenddessen schon weitere Anreize sehen, die uns noch viel glücklicher machen können. Ein nie endendes Hinterherlaufen, ohne jemals das Potential zu besitzen, wirkliche Zufriedenheit auszulösen. 

Das Verlangen nach etwas ist nur positiv, wenn die Auswirkungen positiv sind und nicht nur, wenn es eine kurze Befriedigung hervorruft. Der Gier nach einem Objekt steht Zufriedenheit entgegen, welche erst dann entsteht, wenn dir das was wir bereits haben, wollen und wertschätzen. 

Frage dich also, ob das verfolgte dich wirklich langfristig zufrieden machen kann. Denn das können nur die wenigstens.

Das Leben wäre für dich umso einfacher, wenn du diesen falschen externen Anreizen keinen so hohen Stellenwert beimessen würdest. Dann kannst du auch nicht enttäuscht werden, wenn die Belohnung nicht eintrifft oder nicht das behält, was du dir von ihr versprochen hast.

Halte nicht an der Vergangenheit fest

Wer versucht die Vergangenheit festzuhalten und gleichzeitig seine Zukunft gestalten zu wollen, wird beides nicht erreichen können. 

Im Alltag entstehen zwangsläufig Probleme und Ereignisse, die uns zur Veränderung zwingen. Doch solange wir an der Hoffnung festhalten, dass alles bald wieder so ist wie es einmal war, wird es schwer voran zu kommen.

Die schwerwiegendsten Veränderungen, wie das Altern oder Krankheiten, sind irgendwann unausweichlich, ebenso der Tod von geliebten Menschen. Es geht darum, sich frühzeitig mit solchen unausweichlichen Veränderungen zu beschäftigen. Nur wer sich frühzeitig damit aktiv auseinandersetzt, wird sie auch verarbeiten und ihnen gefestigt gegenüberstehen können. 

Natürlich können wir uns nicht auf jede Situation vorbereiten. Dennoch können wir uns grundsätzlich mit dem Leid auseinandersetzen und uns Gedanken machen, wie wir handeln möchten, wenn es eintrifft. Es löst die Situation natürlich nicht von vornhinein auf, wir können ihr dennoch gefestigt gegenübertreten und schneller von der Opferhaltung in die lösungsorientierte Täterrolle wechseln.

Der Tod eines geliebten Menschen beispielsweise, ist eine Situation mit der wir nur schwer umgehen können. Manche Menschen verharren viele Wochen in der Trauer, ohne darüber nachzudenken, wie es nun weitergehen kann. Die Welt dreht sich dennoch unaufhörlich weiter. Lang anhaltende lethargische Trauer ist schädlich für einen selbst und hat auch für den Verstorbenen keinerlei Nutzen.

Schütze dich vor Versagensangst

Über die Glückangst haben wir schon gesprochen. Das Gegenteil davon ist die Versagensangst, welche jedoch mit ähnlichen Symptomen auftritt. 

Haben wir Angst zu versagen oder glauben inkompetent zu sein, hat dies meist eine falsche Selbstwahrnehmung zur Ursache. Es hilft, uns von dem Perfektionismus zu befreien und uns zu vergegenwärtigen, wie vielen Menschen bereits geholfen wurde und was uns bisher überhaupt befähigt hat, so weit zu kommen wie wir es sind.

Am Ende zählt die aufrichtige Motivation helfen zu wollen und das Beste daraus zu machen. Solange dies zutrifft, kann das Ergebnis nicht als Versagen eingeordnet werden.

Wenn wir trotzdem einen nicht gut zu machenden Fehler erzeugt haben, stellen sich Schuldgefühle ein. Wir sind überzeugt, dass dieses Problem permanent sei. Doch nichts unterliegt der Permanenz. Alle Dinge und Ereignisse sind dynamisch und unterliegen dem Einfluss vieler weiterer Faktoren, die wir nicht beeinflussen können. Irgendwann gerät jeder Fehler in Vergessenheit.

Versagensangst ist das Produkt von Unsicherheit. Erzeugt die Unsicherheit Minderwertigkeitsgefühle, wird der Fortschritt gehemmt und lässt uns vor jeder kleinen Herausforderung zurückschrecken. Sofern die Unsicherheit als Reaktion ein übertriebenes aufgeblähtes Selbstbild nach sich zieht, kann dies zu Frustration und Wut führen.

Diese negativen Gefühle der eigenen Persönlichkeit gegenüber kann am besten durch Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber entgegengewirkt werden. Dies vermindert die Angst und die Sorge, bloß gestellt zu werden.

Fazit: Auch aus besten Absichten kann Unzufriedenheit entstehen

Halten wir fest, dass die Suche nach Glück und Unzufriedenheit nicht so weit auseinander liegen, wie es uns lieb wäre. Das schwierige dabei ist, dass wir für das Unglücklichsein nicht viel machen müssen, es stellt sich von allein ein.

Für die Überwindung dessen und unser Glück müssen wir allerdings hart arbeiten. Wir entscheiden zum Glück selbst, welche Richtung wir einschlagen.

Verfolgen wir aus den falschen Motiven heraus ein Ziel, kann dies Leid und Unzufriedenheit nach sich ziehen. Wenn wir unser Glück in äußeren Anreizen oder Belohnungen suchen und diese ausbleiben, sind wir enttäuscht und stürzen uns in die Frage nach dem Warum. Doch darauf wird es keine zufriedenstellende Antwort geben. Solange wir dort verharren, steigt unsere Unzufriedenheit stetig weiter.

Wir alle werden hin und wieder mit negativen Erlebnissen und Unglück konfrontiert. Es hilft, dies erst einmal zu verinnerlichen. Anschließend geht es um Strategien und einer Haltung, wie du Situationen entgegentrittst, sollten sie einmal eintreffen. Und das werden sie, ganz bestimmt.

Vielleicht hilft dir ein abschließendes Zitat des Dalai Lama:

“Wenn die Situation bereinigt oder das Problem gelöst werden kann, muss ich mir keine Sorgen machen. Und wenn es keine Lösung gibt, macht es ebenfalls keinen Sinn sich Sorgen zu machen, es gibt eh keine Lösung.”

In diesem Sinne: Bleib niemals wie du heute bist!

Unterschrift

+ + + + + Achtung + + + + +

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